Der große Larry Summers hat gesprochen. Hugh! Und der große Paul Krugman hat geschrieben. Hugh! Und der große Wolfgang Münchau, immer auf der Spur des Geldes, hat versucht, eine Kolumne drauß zu machen – und das Geld gleich ganz abzuschaffen, das Bargeld wenigstens. Sonst wäre ja auch seine Kolumne gleich mit in Gefahr.
Fangen wir gleich mit dem Kuriosesten an, das wohl keiner außer Münchau selbst versteht, das mich aber an einen Dialog des großen Turgenjews mit seinem Hund erinnert hat. Frei aus dem Gedächtnis wiedergegeben: Turgenjew zu seinem Hund: “Na, was denkst Du? – Das weißt Du nicht? – Macht nichts, ich weiß ja, was du denkst.”
Das finden Sie zu wirr? Dann lesen Sie erstmal Münchau (kursive Hervorhebung, T.H.):
“Wir sehen das zum Beispiel in Deutschland, wo die Investitionsraten in den vergangenen Jahren erheblich gefallen sind. Wenn Summers Recht hat, würde die Wirtschaft permanent stagnieren. In Gesellschaften mit Mindestlöhnen impliziert diese Prognose eine permanent hohe Arbeitslosigkeit.”
Als würde in der Debatte um einen Mindestlohn nicht schon genug Verwirrung gestiftet. Aber das versteht nun wirklich keiner mehr. Und für Summers, dessen Rede auf einer Konferenz des IWF den Ausgangspunkt von allem hier Abgehandelten bildet, hat auch überhaupt nicht das Wort Mindestlohn in den Mund genommen, schlimmer noch, er hat den Lohn gleich ganz aus seiner Analyse über die Situation und Entwicklung der Weltwirtschaft ausgeklammert. Summers hat von der Geldpolitik gesprochen und die Rolle der Zinsen (Real-/Nominalzinsen) für den Wachstumsprozess problematisiert. Summers hat auch von der Fiskalpolitik gesprochen und deren Rolle für den Wachstumsprozess problematisiert. Nur der Lohn oder die Lohnpolitik, die taucht in seiner Analyse nicht auf. Und das, obwohl er auch auf die große Krise 1929 Bezug nimmt. Hat die Lohnentwicklung dort nicht aber schon eine zentrale Rolle gespielt? Wie ist das nur möglich, das einer der bekanntesten und ausgewiesensten Ökonomen das größte Aggregat der Volkswirtschaft einfach so unter den Tisch fallen lässt? Und nicht nur er. Paul Krugman nimmt zu Summers Rede Stellung und klammert was aus? Den Lohn bzw. die Lohnentwicklung natürlich. Und Wolfgang Münchau spinnert dann auch noch den Mindestlohn in völlig verdrehter Weise ein, indem er ihm auch noch eine negative Wirkung für Wachstum und Beschäftigung beimisst. Er hat den Mindestlohn schon vorher nicht verstanden und ist seitdem nicht weiter gekommen. Der einzige Lichtblick: Das US-Finanzministerium und dessen Ökonomen sind besser als diese drei ökonomischen Schlauberger. Sie thematisieren den Lohn und die Lohnentwicklung (siehe dazu hier).
Was für einen Sinn aber macht es über die Bedeutung der Zinsen für Investitionen zu reden, über die Bedeutung von fiskalischen Impulsen für das Wirtschaftswachstum, wenn die einflussreichste Größe, der Lohn, aus der Analyse ausgeklammert bleibt? Keinen. Zur Dimension: Wir haben erst vor wenigen Tagen darauf hingewiesen, dass in Deutschland “2012 rund 1,4 Billionen Euro Arbeitnehmerentgelte rund 429 Mrd. Euro Bruttoanlageinvestitionen des privaten Sektors gegenüber (standen). Die staatlichen Bruttoanlageinvestitionen beliefen sich 2012 auf rund 41 Mrd. Euro.”
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Hintergrund:
Exportüberschuss/Binnennachfrage: Investitionen fallen nicht vom Himmel (im Abonnement)
Europäische Zentralbank/Leitzinsentscheidung: Leitzinssenkung oder nicht? (im Abonnement)
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