Griechenland, Eurokrise: EU-Parlamentspräsident Schulz verdreht die Wirklichkeit und der Deutschlandfunk lässt ihn gewähren

Der Fehler des Deutschlandfunks beginnt damit, dass er nicht erst seit heute die Eurokrise auf eine Schuldenkrise Griechenlands zu reduzieren versucht. Regelmäßig lässt die Moderation dieses Nachrichtensenders jedwedes Problembewusstsein, das über die unmittelbaren Finanzprobleme des griechischen Staates hinausgeht, vermissen. So auch Sylvia Engels heute früh in den Informationen am Morgen im Interview mit Martin Schulz, der, wie der Deutschlandfunk, geübt darin zu sein scheint, die Wirklichkeit und ihre Ursachen auf eine geradezu penetrante Art und Weise zu verdrehen oder gleich ganz auszublenden.

Ohne Rücksicht auf Verluste soll Griechenland, wenn es nach Schulz geht, “jetzt endlich die Verpflichtungen, die es eingegangen ist, erfüllen.” Das sagt er gleich mehrfach im Interview mit Sylvia Engels. Die scheint sich, wie Schulz, auch nach vier Jahren Austeritätspolitik nicht die Frage zu stellen, wie das denn funktionieren soll. Ich frage mich, ob das eine neue Form der Demenz ist, die politische Demenz. Schulz geriert sich in dem Interview tatsächlich als “Helfer” Griechenlands, er, der noch immer für die Politik gestimmt hat, die jene Katastrophe in Griechenland erst hervorgebracht hat, die jetzt im Rahmen der Europäischen Währungsunion nicht länger überwindbar erscheint. Zu diesem Schluss muss man zumindest gelangen, wenn man Schulz, Gabriel, Schäuble und anderen politisch Verantwortlichen zuhört. Da erscheint es schon als Segen, dass die Kanzlerin mit Tsipras telefoniert und ihn nach Berlin eingeladen hat. Wie wir bereits an anderer Stelle festgestellt haben, braucht Merkel offensichtlich die Katastrophe, an der sie im Fall Griechenland und der Europäischen Währungsunion auch an führender Stelle mitgewirkt hat; aber ihr ist es wohl auch als einziger zuzutrauen, doch noch die politische Kehrtwende einzuläuten.Von Schulz, Gabriel und Schäuble jedenfalls, war und ist dies nicht zu erwarten.

Schulz im Interview mit Engels: “Die Kooperationsbereitschaft der griechischen Regierung muss einfach besser werden.” Schulz verwechselt offensichtlich die Unterordnung Griechenlands unter die von Schulz eingeforderte, zerstörerische Politik mit Kooperation. Er verhält sich damit auf seine Weise nicht anders als Gabriel und Schäuble. Ein Journalismus, der das Attribut Qualität verdient, würde ihm das sicherlich nicht so durchgehen lassen, Engels lässt es ihm durchgehen.

Auch diese Aussage von Schulz, die jedem den Atem raubt, der sich auch nur ein bisschen mit der Problematik beschäftigt hat, nimmt Engels für bare Münze:

“…ich finde, die Regierung muss jetzt endlich in die Hufe kommen, weil am Ende zahlt die Zeche nicht der Herr Tsipras, sondern die einfachen Leute in Griechenland.”

Das sagt einer, der maßgeblich dafür Verantwortung trägt, dass es “die einfachen Leute in Griechenland” so schlimm erwischt hat. Schulz aber meint:

“In Griechenland haben kleine Leute die Zeche für eine verantwortungslose Politik der vorherigen Regierungen und der Banken bezahlt, …”

Gewiss, die Vorgängerregierungen haben die verantwortungslose Politik, die Schulz und andere ihnen als Verpflichtung – wie Schulz es ja ganz richtig bezeichnet – auferlegt haben, umgesetzt. Wären die fatalen Folgen aber nicht Grund genug, von jenen Verpflichtungen Abstand zu nehmen? Korruption und Steuervermeidung gab es auch vor der Eurokrise in Griechenland. Es gibt sie auch in Deutschland. Und es ist immer sinnvoll, diese zu vermeiden. Bergab aber ging es für Griechenland und die Europäische Währungsunion insgesamt erst mit der von Schulz bis heute befürworteten Politik. Schulz ist ein Massenverelender. Genauso wie Merkel, Gabriel und Schäuble es sind. Ohne sie hätte es den Regierungswechsel in Griechenland nicht gegeben, der ein Produkt der Verhältnisse ist, die Schulz und andere erzwungen haben, vor allem der Massenarbeitslosigkeit. Schulz spricht von einem “Appel an die Vernunft” und meint damit ein weiteres Mal: “…es müssen bestimmte Auflagen jetzt erfüllt werden, dann kann Geld fließen.”

Es sind Apparatschiks wie Schulz, die Europa zerstören. Erst dann kommen Le Pen und andere, denen sie mit ihrer Ideologie des Wettbewerbs und deren Folgen, der Massenverelendung, den Boden bereitet haben.

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