Dem Wahnsinn auf der Spur – Zur Psychologie der neuen Bankenkrise (16.10.2011)

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Bankvorstände und deren Verbandsvertreter ähneln multiplen Persönlichkeiten. Wahrnehmung, Erinnerung und Erleben fallen unkontrolliert auseinander. Während letztere im besten Fall Heilung von Psychologen, Psychiatern und anderen Ärzten erfahren, laufen die Vertreter der Finanzindustrie ohne jede medizinische Aufsicht frei herum und wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine angemessene Behandlung.

Nimmt sich tatsächlich einmal jemand ihrer Rettung an, ziehen sie den Retter gleich mit in die Tiefe – freilich ohne sich dessen bewusst zu sein, zumindest ohne eine Spur von Bewusstsein, in diesem Fall Schuldbewusstsein, zu zeigen. Und die Politik verhält sich wie ein Arzt mit Helfersyndrom, der aufgrund seiner fehlenden Distanz zum Patienten nicht heilt, sondern am Ende selbst wahnsinnig wird.

Ein Paradebeispiel hierfür lieferte zuletzt der Bundesverband Deutscher Banken. Deren Präsident, Schmitz, sagte laut Deutschlandfunkzur erneut aufflammenden Bankenkrise: “es handele sich um eine politische Vertrauenskrise…Viele Staaten hätten zu lange auf Pump gelebt und zu hohe Schuldenberge angehäuft.” Schmitz wehrte sich damit gegen die diskutierte, zwangsweise Rekapitalisierung von Kreditinstituten mit Hilfe des Staates. Darüber kann man nun in der Tat trefflich streiten. Dass Schmitz diese Diskussion aber nutzt, um die “Schuldenberge” vieler Staaten, die ja maßgeblich erst durch vorangegangene Bankenrettungen durch eben diese Staaten verursacht worden sind, jetzt in eine Vertrauenskrise des Staates umzumünzen und ihm vorzuhalten, er habe zu lange auf Pump gelebt und zu hohe Schuldenberge angehäuft – die Schuldenberge der Banken wohlgemerkt -, das kann man in der Tat nur noch als irrsinnig bezeichnen.Weil aber der Arzt – der Staat – seinen Patienten – den Finanzsektor -, nachdem er ihm beim letzten Zusammenbruch erst wieder notdürftig auf die Beine geholfen hatte, ohne jede Aufsicht und Betreuung einfach frei herumlaufen ließ, ihm den Selbstheilungskräften des Marktes anvertraute, gehört auch jener nüchtern betrachtet auf die Couch. Wer aber soll ihm nun wieder Vernunft beibringen?

Es bleibt nur noch der Souverän, das Volk! Die, wie es ja vielleicht nicht umsonst heißt, “ganz normalen Menschen” auf der Straße müssen diese beiden endlich therapieren, ihnen Regeln abverlangen, nach denen sie leben und leben lassen können. Die Bürgerinnen und Bürger müssen dem Staat deutlich machen, dass sie es sind, denen er zu dienen hat, und dass er dafür Sorge tragen muss, dass die Banken ihrem Auftrag wieder gerecht werden: die produzierende und die den Menschen dienstleistende Wirtschaft mit den für ihre Investitionen notwendigen Krediten zu versorgen. Alles darüber hinaus gehende gehört untersagt oder so verteuert, dass es sich nicht länger lohnt, zu spekulieren; die Spielsucht der Beteiligten muss endlich wirksam behandelt werden. Solange dieses Selbstverständnis nicht wieder Einkehr hält, werden wir dem Wahnsinn der Beteiligten ohnmächtig ausgesetzt sein.

Vielleicht sind die “Occupy Wallstreet”-Proteste ja ein erstes Zeichen dafür, dass der Souverän sich dieser Verantwortung annimmt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Passend dazu: Vater Staat Blues


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