Wie ausbleibende Fragen das Sparen alternativlos erscheinen lassen
Sparen, um die Staatshaushalte zu konsolidieren und Schulden abzubauen, wird von den politischen Meinungsführern – und in den meisten Medien – als alternativlos angesehen.
Wer spart setzt einseitig bei den Ausgaben an. Sparen heißt: nicht ausgeben. Ein Staatshaushalt hat aber Ausgaben und Einnahmen. Wer den Blick auf die Staatsausgaben einengt, blendet von vornherein die Einnahmeseite aus. Was aber, wenn die Ursachen steigender Haushaltsdefizite und Verschuldung bei den Staatseinnahmen zu finden sind?
Steuererhöhungen für Millionäre und Spitzenverdiener werden gar nicht erst ins Gespräch gebracht, ebensowenig wie eine mögliche Steuersenkung für niedrige und mittlere Einkommen – Stichwort: Abschaffung des so genannten Mittelstandsbauches – bei gleichzeitiger Erhöhung des Spitzensteuersatzes und Wiedereinführung einer Vermögenssteuer; die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen bei der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bleibt ebenfalls ausgespart, kurzum: eine Reform für eine gerechtere – weil stärker an der Einkommens- und Vermögenssituation des Einzelnen ansetzende – Steuer- und Abgabenordnung wird als Alternative zum Sparen nicht thematisiert und nachgefragt.
Was aber hätte Friedrich geantwortet, wenn Müller ihn weiter gefragt hätte:
Können Sie uns sagen, wie hoch das Geldvermögen in Deutschland ist und wie es sich auf private Haushalte, Staat und Unternehmen verteilt?
Nein? Dann sage ich es Ihnen: Die Deutsche Bundesbank hat 2008 für Deutschland ein Geldvermögen von über 7,9 Billionen Euro ausgewiesen. Dem stehen Verbindlichkeiten von knapp 7,6 Billionen Euro gegenüber.
Auffallend dabei ist, dass die privaten Haushalte Geldvermögen von über 4,5 Billonen Euro besitzen, der Staat aber nur 0,5 Billonen, sich bei den Verbindlichkeiten aber beide fast die Waage halten.
Die hohe und im Verlauf der vergangenen Jahre noch gestiegene Vermögenskonzentration bei den privaten Haushalten einerseits und die im Vergleich zu anderen Industriestaaten unterdurchschnittliche Besteuerung von Vermögen in Deutschland andererseits würden es doch nahelegen, hier zumindest zum Durchschnitt der anderen Industrieländer aufzuschließen, finden Sie nicht?
Was halten Sie also von einer höheren Besteuerung von sehr hohen privaten Vermögen zur Schließung der Haushaltslöcher oder zur Finanzierung von Bildungsausgaben?
“Müller: Aber den Griechen haben Sie das zugemutet!
Friedrich: Den Griechen musste man das zumuten, denn die Griechen haben das nicht gemacht, was wir in den letzten zehn Jahren, 15 Jahren massiv gemacht haben, nämlich Reformen den Menschen zugemutet, und jetzt müssen die Griechen in drei Jahren all das durchsetzen, was wir im Grunde seit Mitte der 90er-Jahre machen mussten.”
Die Differenz von 48 und 43,6 Prozent, 4,4 Prozent also, auf das heutige gerechnet, entspricht Einsparungen von über 100 Mrd. Euro. Ist das nicht vielleicht – losgelöst von der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise – das Geld, das für die Bildung und in den Kommunen fehlt?
Ist das – auch bezogen auf die jetzt von der Bundesregierung als Vorbild in die europäische Diskussion eingebrachte deutsche Schuldenbremse – wirklich ein Modell – ein Wohlstandsmodell – für die Zukunft Europas, oder nicht vielmehr ein buchstäbliches Armutszeugnis?
Wie wohl die Antworten ausgefallen wären.
Dieser Text ist mir etwas wert
|
|