Wo ist die (Op-)Position der Sozialdemokratie zur Eurokrise?
Kommentar zur Antwort Peer Steinbrücks auf die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat
(Der Europäische Rat tagt am 24./25. März und will vor dem Hintergrund der Krise in der Eurzone neue finanz- und wirtschaftspolitische Weichenstellungen vornehmen; die Maßnahmen sehen im Kern eine Verschärfung der Stabilitätskriterien und der Konsolidierungsmaßnahmen/Sparanstrengungen vor, was auch die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung zum Europäischen Rat zum Ausdruck brachte und befürwortete).
Peer Steinbrück mag ja der Kanzlerin ganz hübsch die Leviten lesen. Blenden wir einmal großzügig aus, dass er in seiner Regierungszeit selbst bis zuletzt die Ausmaße der Finanzkrise nicht wahrhaben wollte und sich deswegen vom Wirtschaftsnobelpreisträger Krugman “boneheadedness” (Holzköpfigkeit) vorwerfen lassen musste, so ist bemerkenswert, dass Peer Steinbrück in seiner Antwort auf die Bundeskanzlerin schließt: “Das Paket ist richtig.” Und: “Der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit ist ebenfalls richtig.”
Keine grundlegende Kritik also an der geplanten drastischen Verschärfung des Stabilitätspaktes und des Konsolidierungs- und Reformkurses, den das Paket vorgibt, das der Europäische Rat am 24./25. März beabsichtigt zu verabschieden - und der aus meiner Sicht die Eurozone weiter auseinandertreiben wird.
Das zeigt sich dann auch in den abschließenden vier Kritikpunkten, die Peer Steinbrück anführt: “1. Wer bezahlt die Schulden der überschuldeten Staaten?” Kein Wort zu den Ursachen, die zu der Verschuldung geführt haben. “2. Was passiert mit den Staaten, die unter der Schuldenlast zu ersticken drohen?” Peer Steinbrück prognostiziert explizit Umschuldungen, und er spricht sich für Umschuldungen aus. Vieles spricht aber dafür, dass Umschuldungen die Krise noch einmal verschärfen würden. Bezeichnend auch, dass Steinbrück gemeinsame Anleihen (Eurobonds) zur Bewältigung der Krise überhaupt nicht erwähnt. Als drittes thematisiert er die Heranziehung des Bankensektors; das hat auch die Bundeskanzlerin getan; er spricht sich ferner für die Finanztransaktionssteuer aus, was ja richtig ist (er in seiner Regierunsgzeit aber auch nicht verfolgt hat), und er konzentriert sich auf das Bankeninsolvenzrecht und die Bankenrestrukturierung.
Als letzer, vierter Punkt folgt dann endlich die Erwähnung der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone, und Peer Steinbrück spricht sich in diesem Zusammenhang für die Einführung eines Mindestlohnes aus, was ja auch richtig ist – als zentrale Ursache für die hohen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands und die hohen Leistungsbilanzdefizite von Ländern wie Griechenland, Portugal und Spanien und die damit einhergehende Schuldenentwicklung thematisiert er die Lohn(stückkosten)entwicklung aber nicht. Hier spielt aber die seit Jahren anhaltende schwache Lohnstückkostenentwicklung Deutschlands – für die aus meiner Sicht auch maßgeblich die Gesetzgebung der Agenda 2010 mit verantwortlich zeichnet – eine bedeutende Rolle. Wer hier nicht ansetzt, ja das Problem nicht einmal benennt, findet auch zu keiner alternativen Politik zur Bundesregierung.

Nachtrag vom 25. März 2011: Warum DIE WELT Peer Steinbrück jetzt wohl zum Helden aufbaut? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Aber vielleicht ja auch eine Anregung zum Nachdenken innerhalb der Sozialdemokratie: “Generalabrechnung – 21 Minuten ätzte Steinbrück gegen Angela Merkel”


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