Besser, als es der Präsident Frankreichs derzeit aufzeigt, kann man die auch hierzulande diskutierte, lächerliche Höhe der ja durchaus zurecht gefordeten Finanztransaktionssteuer nicht auf den Punkt bringen.
“In Frankreich soll es nach dem Willen von Staatspräsident Sarkozy künftig eine Finanztransaktionssteuer geben. In einem Fernsehinterview kündigte er an, dass die Abgabe 0,1 Prozent betragen und von August an auf Umsätze mit französischen Wertpapieren erhoben werden solle. Die Regierung in Paris wäre damit Vorreiter in der Euro-Zone. Sarkozy kündigte außerdem an, die Mehrwertsteuer um 1,6 Punkte auf 21,2 Prozent zu erhöhen und die Arbeitgeber um 13 Milliarden Euro zu entlasten. Ziel sei es, die Lohnnebenkosten zu senken”, berichtet der Deutschlandfunk.
Der Franzose muss also für jedes Produkt des täglichen Bedarfs 21,2 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen, während der Händler an der Börse für seine Spekulationen gerade einmal 0,1 Prozent auf seinen Umsatz aufwenden soll. 1,6 Prozent Erhöhung der Mehrwertsteuer stehen 0,1 Prozent Einführung einer Finanztransaktionssteuer gegenüber.Selbstverständlich sollen die durch die Mehrwertsteuererhöhung gewonnenen Mehreinanhmen den Arbeitgebern zugute kommen. Sie sollen um 13 Milliarden Euro entlastet werden.
Auf Deutschland bezogen ließe sich hierzu argumentieren bzw. fragen, warum jeder Bürger auf eine Milchtüte sieben Prozent Mehrwertsteuer zahlen muss, nicht einmal dieser ermäßigte Mehrwertsteuersatz aber auf Börsengeschäfte erhoben wird. Warum eigentlich nicht 19 Prozent? Weil das Kapital “scheu wie ein Reh ist”? Nun, das spekulative Kapital ist vielleicht scheu wie ein Reh – so skrupellos, wie das spekulative Kapital, ist das Reh jedoch sicher nicht -, die Bedingungen für das investive Kapital, das produzierende Unternehmen finanzieren hilft, würden sich dadurch jedoch verbessern, denn langfristige Investitionen würden sich wieder lohnen und relativ bessere Renditen abwerfen; und die Wachstumsaussichten würden sich ebenfalls verbessern, dazu müsste der Staat die Mehreinnahmen nur durch Ausgaben an die Wirtschaft zurück geben; zum Beispiel durch Investitionen in die marode deutsche Infrastruktur, die Energiewende oder das Bildungswesen.
Das ist das eine. Zugleich meldet der Deutschlandfunk in derselben Nachricht: “Nach deutschem Vorbild soll zudem die Kurzarbeit eingeführt werden. Auch die 35-Stunden-Woche steht auf dem Prüfstand. In Frankreich finden im April Präsidentschaftswahlen statt.”
Diese Meldung zeigt nüchtern auf, dass der von Deutschland ausgehende “Reformdruck” auf die Länder der Eurozone, sich nicht nur in Form von Spardiktaten an die Adresse Griechenlands manifestiert. Jener deutsche “Reformdruck” ist immer noch der Agenda 2010 geschuldet (vergleiche dazu ausführlich hier). Eng mit ihr verknüpft war und ist die Mär von den Lohnnebenkosten, den Sozialbeiträgen also, die in der Statistik aber zurecht als fester Bestandteil des Lohnes bzw. der Lohnstückkosten ausgewiesen werden.
Die Entwicklung in Frankreich zeigt ein weiteres Mal, dass die Ursachen für die Eurokrise weit, sehr weit zurückreichen. Sie waren bereits in der Agenda 2010 angelegt. Eine tragfähige Lösung der Eurokrise muss dies berücksichtigen. Das hat bisher nicht nur die Bundesregierung unterlassen. Kanzlerin Merkel hat sich im Gegenteil in Davos gerade noch einmal ausdrücklich positiv auf die “Reformen” ihres Amtsvorgängers, Gerhard Schröder und seiner rot-grünen Koalition, bezogen. Auch die gesamte SPD-Spitze hat sich auf dem zurückliegenden Bundesparteitag, auf dem der Parteivorsitzende Gabriel die “Neuausrichtung” der SPD für abgeschlossen erklärte, in ihren Reden explizit positiv auf die Schröder-Ära bezogen.
Die vollständige Nachricht im Deutschlandfunk:
Montag, 30. Januar 2012 07:00 Uhr
Frankreich will Transaktionssteuer einführen
In Frankreich soll es nach dem Willen von Staatspräsident Sarkozy künftig eine Finanztransaktionssteuer geben. In einem Fernsehinterview kündigte er an, dass die Abgabe 0,1 Prozent betragen und von August an auf Umsätze mit französischen Wertpapieren erhoben werden solle. Die Regierung in Paris wäre damit Vorreiter in der Euro-Zone. Sarkozy kündigte außerdem an, die Mehrwertsteuer um 1,6 Punkte auf 21,2 Prozent zu erhöhen und die Arbeitgeber um 13 Milliarden Euro zu entlasten. Ziel sei es, die Lohnnebenkosten zu senken. Nach deutschem Vorbild soll zudem die Kurzarbeit eingeführt werden. Auch die 35-Stunden-Woche steht auf dem Prüfstand. In Frankreich finden im April Präsidentschaftswahlen statt.
Quelle: http://www.dradio.de/nachrichten/201201300700/1
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