“SPD-Chef Maas rechnet mit großer Koalition”, meldet der Deutschlandfunk. Und: “Für den Fall eines Wahlsiegs kündigte Maas Einschnitte an. Das Land müsse in den kommenden vier Jahren rund 65 Millionen Euro jährlich sparen, sagte er. Dafür sei ein Personalabbau in den Behörden und der Landesverwaltung unumgänglich.” (1)
Es gibt also wieder einmal keine Alternative zu Einsparungen im Öffentlichen Dienst, glaubt man Heiko Maas.
Da ist es natürlich interessant, sich erst einmal ein Bild über den Öffentlichen Dienst im Saarland zu machen.
Zur Größe des Öffentlichen Dienstes im Saarland
Wie in internationalen Ländervergleichen üblich, bietet es sich da zunächst einmal an, die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst – hier der Bundesländer ohne Bund, Gemeinden, Zweckverbänden, Bundeseisenbahnvermögen, Mittelbarer Öffentlicher Dienst (Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank, Sozialversicherungsträger, Betriebskrankenkassen und Anstalten und Körperschaften) – ins Verhältnis zu den Beschäftigten insgesamt – hier der Bundesländer – zu setzen, um zu sehen, ob das Saarland denn, an den Beschäftigten gemessen, einen eher großen oder kleinen Öffentlichen Dienst auf Landesebene im Vergleich mit den anderen Bundesländern hat.
Das Saarland liegt zwischen den Stadtstaaten und den großen Flächenländern wie Nordrhein-Westfalen. Auch die Anzahl der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst je Einwohner zeigt keine gewaltigen Unterschiede zwischen den Bundesländern.
PwC und Schuldenbremse regieren mit
Warum also hält Heiko Maas den Personalabbau im Öffentlichen Dienst für “unumgänglich”? Weil er – so er denn Ministerpräsident werden sollte – nicht nur mit der CDU regieren wird. Mit im Boot sitzen die Schuldenbremse – eine Idee der SPD – und: PricewaterhouseCoopers International Limited (PwC). Sie diktieren den Sparkurs und liefern auch die Begründung, warum dieser alternativlos sein soll. Unter der Überschrift “Das Saarland mit PwC auf Sparkurs” heißt es:
“Bis zum Jahr 2020 muss das hoch verschuldete Saarland – wie alle Bundesländer – einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Die im Frühjahr 2010 gegründete Haushaltsstrukturkommission soll ermitteln, wo gespart werden kann. Am 7. Juni 2011 stellten der saarländische Finanzminister Peter Jacoby und PwC-Partner Peter Detemple ein Gutachten vor. Kernstück des Berichts: Ein Länderfinanzvergleich, der das Saarland mit den westdeutschen Flächenländern vergleicht. Ein Ergebnis: Besonders bei Schulen und Polizei kann das Saarland sparen.” (Hervorhebung, T.H.)
Das werden die Eltern und Schüler und die Angestellten der Polizei im Saarland ja evtl. ganz anders sehen. Sie haben aber vielleicht auch andere Maßstäbe. PwC und die Haushaltstrukturkommission, der unter anderem Heiko Maas als Fraktionsvorsitzender der SPD Saar im Landtag des Saarlandes wie Vertreter der anderen in den saarländischen Landtag gewählten Parteien angehören, kennen nur zwei Maßstäbe:
“Die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse sowie der Abschluss der Verwaltungsvereinbarung zu dem Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen sind die finanzpolitischen Rahmenbedingungen des Saarlandes bis 2020.”
Die “Verwaltungsvereinbarung” beinhaltet, “das jährliche strukturelle Haushaltsdefizit auf einem festgeschriebenen Pfad bis 2020 auf Null zurückzuführen. Erreicht das Saarland die in der Verwaltungsvereinbarung festgeschriebene jährliche Obergrenze in einem Haushaltsjahr nicht, so erhält es auch keine Konsolidierungshilfe in Höhe von 260 Mio. Euro für dieses Jahr. Erhaltene Vorauszahlungen werden entsprechend verrechnet bzw. müssen zurückgezahlt werden.”
So betrachtet ist es eigentlich ziemlich egal, welche Partei im Saarland die Wahlen gewinnt. Wie regiert wird, ist anscheinend längst entschieden. Es lohnt sich, einen Blick in die “Analyse der Haushaltsstrukturkommission des Saarlandes” zu werfen, um zu sehen, wie PwC und die beteiligten politischen Verantwortlichen vorgehen. In Querschnittsvergleichen mit den anderen Bundesländern wird penibel, man könnte auch sagen, mit deutscher Gründlichkeit, nach Einsparpotenzialen gesucht. Was PwC wohl daran verdient? Das wäre doch nun wirklich einmal eine Frage, die im Saarländischen Landtag gestellt werden könnte.
Ziel der Haushaltsstrukturkommission ist es jedenfalls, den “rechnerischen Gesamtkonsolidierungsbedarf” zu erfüllen. Nicht der Mensch und seine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt der Politik, sondern die Konsolidierungsbedürfnisse. Das ist das vorläufige Ergebnis der in den Köpfen der Politiker und ihren Beratern fest verankerten Ideologie des ausgeglichenen Staatshaushaltes, die ihren Weg als Schuldenbremse ins Grundgesetz gefunden hat. Sie und nicht das Demokratie- und Sozialstaatsgebot scheinen die politische Zielsetzung, Argumentation und Gestaltungswünsche zu dominieren.
Unmissverständlicher Anschauungsunterricht für die Bundesrepublik
Insofern bietet das Saarland unmissverständlichen Anschauungsunterricht, wohin die Reise der Bundesrepublik zur Zeit geht. Ob dieser Kurs durchzuhalten sein wird, werden nicht zuletzt die Menschen entscheiden, die über die Ausrichtung der Politik und deren Ergebnisse ja regelmäßig mit bestimmen. Das setzt natürlich voraus, dass sich politische Alternativen entwickeln. Ein Umdenken in der Politik und in den Parteien ist ja nie ausgeschlossen, wenn auch derzeit auf Landesebene wie auf Bundesebene nicht erkennbar.
Es entbehrt abschließend nicht einer gewissen Ironie, dass der größte Gegner der Schuldenbremse im Saarland, Oskar Lafontaine, die größten Befürworter einer Schuldenbremse, wie Heiko Maas im Saarland und Andrea Nahles auf Bundesebene, einst als “politische Talente” gefördert hat.
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(1) Deutschlandfunk
“Sonntag, 12. Februar 2012 12:00 Uhr
Saarland: SPD-Chef Maas rechnet mit großer Koalition
Der Spitzenkandidat der SPD im Saarland, Maas, rechnet nach den Landtagswahlen am 25. März mit einer großen Koalition unter seiner Führung. Die Sozialdemokraten hätten beste Chancen, stärkste Kraft zu werden, sagte er im Deutschlandfunk. Mit der CDU gebe es durchaus Übereinstimmungen. Die Linkspartei sei nicht regierungsfähig, und für Rot-Grün werde es nicht reichen. – Für den Fall eines Wahlsiegs kündigte Maas Einschnitte an. Das Land müsse in den kommenden vier Jahren rund 65 Millionen Euro jährlich sparen, sagte er. Dafür sei ein Personalabbau in den Behörden und der Landesverwaltung unumgänglich. Die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen war Anfang Januar zerbrochen. Danach einigten sich Maas und die amtierende Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer von der CDU nach Sondierungen auf Neuwahlen.”
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