“Griechenland akzeptiert eine wichtige Forderung der Troika: Das Land will in den nächsten vier Jahren 150.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen, allein bis Ende 2012 sollen 15.000 Staatsdiener gehen”, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Man muss sich das einmal in Deutschland vorstellen. “Was du nicht willst das man dir tu’ das füg’ auch keinem andern zu.” Vielleicht sollte man diese alte Verhaltenregel zur Richtlinie internationaler Politik machen, und nicht allein Humanität hätte wieder eine Chance, auch die Verhältnismäßigkeit würde evtl. wieder gewahrt werden.
Apropo Verhältnismäßigkeit. Hat eigentlich irgendeiner der in unseren Lei(d)tmedien über Griechenland berichtenden Journalisten einmal verglichen, wie groß der Öffentliche Sektor Griechenlands im internationalen Vergleich denn überhaupt ist? Nimmt man die Zahlen zum geforderten Personalabbau, die die Süddeutsche und andere berichten, kann man ja fast nicht anderes als annehmen, dass der Öffentliche Sektor in Griechenland eine Krake sondergleichen ist.
Die Daten der OECD sprechen aber eine ganz andere Sprache. Demnach ist der Öffentliche Dienst in Griechenland selbst im Vergleich mit dem zwergenhaften Öffentlichen Dienst in Deutschland (sic!) ein Winzling.
Vor diesem Hintergrund muss man hinter die Berichterstattung, wie hier in den Nachrichten des Deutschlandfunks, ein großes Fragezeichen setzen:
“Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Kampeter, verteidigte die harten Vorgaben. Griechenland müsse dazu gebracht werden, dass Reformen nicht nur angekündigt, sondern auch in konkrete Gesetzgebungsverfahren umgesetzt würden, sagte Kampeter im Deutschlandfunk. Die Einsparungen im öffentlichen Sektor seien ein bitterer, aber notwendiger Schritt, um die Leistungsfähigkeit des Landes wiederherzustellen.” (1)
Wird hier unter dem Deckmantel des Schuldenabbaus – der ohnehin durch Ausgabenkürzungen niemals gelingen kann – neoliberale Politik deutschen Zuschnitts durchgedrückt? Die Berichterstattung der deutschen Medien, die jetzt schon wieder die Agenda 2010 als Allheilmittel für Europa anpreist, weist zumindest in diese Richtung.
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Ergänzung, 11. Februar 2011:
In Ergänzung zur meiner Graphik oben habe ich gerade noch diese Quelle der OECD entdeckt, in der es heißt:
“Greece has one of the lowest rates of public employment among OECD countries…”
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(1) Deutschlandfunk:
“Dienstag, 07. Februar 2012 08:00 Uhr
Griechenland: Streiks gegen die Sparmaßnahmen geplant
In Griechenland haben die Gewerkschaften für heute zu weiteren Streiks gegen die vorgesehenen Sparmaßnahmen aufgerufen. In Ministerien und staatlichen Unternehmen sowie bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben soll für mehrere Stunden die Arbeit niedergelegt werden. Die Regierung in Athen will unter anderem Lohnkürzungen im Privatsektor durchsetzen und 15.000 Staatsbedienstete entlassen. Am Nachmittag wollen die Spitzen der Koalitionsparteien unter Vorsitz von Ministerpräsident Papademos über das Sparprogramm entscheiden. Es ist Voraussetzung für ein neues Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro. Andernfalls ist Griechenland bis Ende März bankrott. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Kampeter, verteidigte die harten Vorgaben. Griechenland müsse dazu gebracht werden, dass Reformen nicht nur angekündigt, sondern auch in konkrete Gesetzgebungsverfahren umgesetzt würden, sagte Kampeter im Deutschlandfunk. Die Einsparungen im öffentlichen Sektor seien ein bitterer, aber notwendiger Schritt, um die Leistungsfähigkeit des Landes wiederherzustellen.”
Quelle: http://www.dradio.de/nachrichten/201202070800/1
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