Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Frank Steinmeier keine Opposition kann bzw. nicht in der Lage ist, politische Alternativen aufzuzeigen, dann hat er ihn heute erbracht. Soeben meldet der Deutschlandfunk in seinen 18-Uhr-Nachrichten: “SPD-Fraktionschef Steinmeier bekräftigte ebenso die Forderung nach strengster Haushaltsdisziplin in Griechenland.” (1)
Damit reiht er sich nahtlos in die Führungsriege der Bundesregierung und in die SPD-Spitze ein. Zuletzt hatte Andrea Nahles der Kanzlerin vorgeworfen, dass sie nicht nach Griechenland reist, um ihren konservativen Regierungskollegen Samaras von den “notwendigen Strukturreformen” zu überzeugen.
Auch Steinmeier sprach heute von “den notwendigen Strukturreformen”. Er redete von Ausschüssen, vom Kanzleramt, von den Finanzministern – die Menschen, die Not in Griechenland erwähnte er mit keiner Silbe.
Die Agenda 2010 lebt, in der SPD, in der Bundesregierung und mit ihnen in ganz Europa.
Nicht zu vergessen dabei, die deutschen Medien, von denen sich ein Großteil auch bereits wieder volle Kraft voraus auf den Agenda-Kurs begeben hat; Wirtschaftsredaktionen wie die der Süddeutschen Zeitung hatten ihn gar nicht erst verlassen.
Das bestätigt wiederum ein weiteres Mal, dass auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel nicht auf der Höhe der Zeit war und ist, wenn er das “Das Zeitalter des Marktradikalismus” für beendet erklärt.
Es ist, als wollte die SPD-Führung die Eurokrise noch einmal dazu nutzen, um entgültig zu belegen, dass sie keine sozialdemokratischen Werte, keine sozialdemokratischen Alternativen mehr kennt und des selbständigen Denkens, Fühlens und Mitfühlens unfähig ist. Ein Trauerspiel für unsere parlamentarische Demokratie. Und gefährlich zugleich. Mangels Alternativen werden sich immer mehr Menschen von der Sozialdemokratie und der Politik insgesamt abwenden oder aber populistischen Kräften zuwenden. Die Sozialdemokratie jedenfalls füllt ihre einstmals wichtige Rolle im deutschen Parteienspektrum längst nicht mehr aus. Die SPD-Führung ist unfähig, dies zu erkennen. Nur so ist es zu verstehen, dass Gabriel eine “politische Neuausrichtung” für abgeschlossen erklärte, die nie stattgefunden hat.
“Unser Projekt heißt Zukunft”, titelt die SPD-Bundestagsfraktion und hat das „Projekt Zukunft – Deutschland 2020“ initiiert. Leider versteht sie nicht, dass niemand die Zukunft gewinnen kann, der nicht in der Lage ist, die Gegenwart zu gestalten. Diesen Gestaltungsanspruch hat die Sozialdemokratie seit der Schröder-Ära aufgegeben. Auch das ist ein Teil, wenn nicht der wichtigste, der Eurokrise. Geradezu albern wirkt es vor diesem Hintergrund, wenn Steinmeier nun seit Jahresbeginn immer und immer wieder verkündet: “Die SPD-Bundestagsfraktion bereitet sich auf die Regierungsverantwortung vor.” Was nützt es, wenn eine andere Partei oder Koalition regiert, sie aber keine erkennbaren Alternativen aufzeigt.
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(1) Deutschlandfunk
“Freitag, 10. Februar 2012 18:00 Uhr
Griechenland wegen Streit um neue Sparmaßnahmen vor möglicher Kabinettsumbildung
Im Streit um die neuen Sparvorgaben steht Griechenland möglicherweise vor einer Kabinettsumbildung. Medienberichten zufolge legte auch die stellvertretende Außenministerin von der sozialistischen Pasok-Partei ihr Amt nieder. Kurz zuvor hatten bereits mehrere Regierungsmitglieder der rechtsgerichteten Laos-Partei – darunter der Verkehrsminister – ihren Rücktritt angekündigt. Laos-Chef Karatzaferis erklärte, die im Gegenzug für internationale Finanzhilfen geplanten Kürzungen seien eine Demütigung für das Land. Er werde den erneuten Sparplänen nicht zustimmen. Zugleich attackierte er die deutsche Regierung. Vor allem sie wolle den Griechen ihren Willen aufzwingen. Ministerpräsident Papademos verfügt auch ohne die Laos-Partei über eine Mehrheit im Parlament. Die so genannte Troika hatte aber Einstimmigkeit zur Auflage gemacht. – Auch heute gab es in Griechenland wieder landesweit massive Proteste gegen die Sparpolitik. Zum Teil kam es dabei zu Ausschreitungen. Nach dem Beschluss der Euro-Finanzminister, das neue Griechenland-Paket vorerst nicht freizugeben, verschob der Bundestag in Berlin seine Entscheidung über die Milliardenhilfen auf den 27. Februar. Unionsfraktionschef Kauder sagte nach Beratungen mit allen im Parlament vertretenen Parteien, Ziel bleibe es, Griechenland zu helfen. Athen müsse seine Versprechen aber einhalten. SPD-Fraktionschef Steinmeier bekräftigte ebenso die Forderung nach strengster Haushaltsdisziplin in Griechenland. Bundeskanzlerin Merkel hatte die Parteispitzen heute früh über den Stand der EU-Verhandlungen informiert.”
Quelle: http://www.dradio.de/nachrichten/201202101800/1
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