Alltag im Regierungsviertel: Sture Erdenbürger

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Heute ist mir bei meinem Rundgang durch das Regierungsviertel mit meiner lieben alten Labradorhündin Queeny erneut etwas aufgefallen, das mich schon länger gedanklich beschäftigt; warum habe ich es bloß nicht längst zu Papier gebracht – wie lautet eigentlich der passende Ausdruck hierfür im Internetzeitalter, ins Netz gestellt?

Jedes Mal, wenn wir den engen Gehsteig vom Schiffbauerdamm aus die Albrechtstraße hinauflaufen – er ist es übrigens auch in die umgekehrte Laufrichtung – stelle ich fest, dass sich die Mienen vieler uns entgegenkommender Fußgänger verfinstern. Ihre nicht selten mittels böser Blicke offen zur Schau gestellte Verärgerung und Ungeduld richtet sich dabei auf meinen Hund, manchmal auch auf mich. Stur gehen sie auf Queeny zu; wie in einem dieser Filme, in denen zwei Autos aufeinander zu rasen und die Fahrer bis zuletzt darauf setzen, dass der andere in letzter Sekunde doch noch ausweicht. Bei diesen Passanten aber ist es nicht der Reiz des Risikos, der sie dazu bewegt, einfach stur geradeaus zu gehen. Es ist das wohl anerzogene Empfinden, im Recht zu sein. Freier Gang für freie Fußgänger, könnte man in enger Anlehnung an das bekannte “Freie Fahrt für freie Bürger” ausrufen. Vielleicht werde ich das auch das nächste Mal tun. Ein ganz grässlicher Wesenszug, einer der vielleicht grundlegensten Verhaltensweisen und Charakterschwächen, die für die menschliche Rückständigkeit verantwortlich zeichnen, diese Sturheit, die sich unter anderem darin Ausdruck verschafft, dass viele meinen, Konflikte immer noch mit Gewalt und Erniedrigung, physischer oder psychischer, austragen zu müssen.

Queeny

Meine Hündin aber – Sie müssten dem einmal beiwohnen, es ist geradezu frappierend – weicht diesen Panzern auf zwei Beinen immer wie selbstverständlich aus; trotz ihres hohen Alters von 12 Jahren, tut sie dies leichtfüßig und gleichzeitig konzentriert, mit gleichermaßen vornehmer wie selbstverständlich anmutender und anmutiger Rücksichtnahme auf ihre Mitmenschen – die ja im Grunde “Gegenmenschen” sind und in jedem Fall gegen Tiere sich richten, sich diesen gegenüber überlegen, höherrangig fühlen.

Ich bewundere Queeny dafür, und nicht nur dafür, doch über weitere Vorzüge ihres noblen Wesens wird an anderer Stelle zu berichten sein.


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