Als regelmäßiger Leser der und, in jüngerer Zeit, des Blogs Lafontaines Linke, stellte ich neulich zunächst fest: Auweia, spätestens jetzt, wo klar ist, dass Oskar Lafontaine nicht erneut Vorsitzender der Partei Die Linke wird, muss der Tom Strohschneider (Journalist bei der taz, vorher beim Freitag und mit Betreiber und Autor des Blogs Lafontaines Linke) aber einmal ernsthaft über eine Änderung seiner Domain, seiner Internetadresse, nachdenken.
Ein flüchtiger Gedanke nur, der sich seitdem aber bei mir jedes Mal, wenn ich Lafontaines Linke aufrufe, erneut ein Stelldichein gibt. Und da sich nach meiner – wie sollte es auch anders sein – Lesart just in jenem Portal die nachdenklichen Beiträge über die Entwicklung der Linken häufen, schaue ich dort mit Interesse immer häufiger vorbei, um zu sehen, was es denn dort Neues gibt. Neu zu sein scheint mir, dass sich neben Eigenbeiträgen auch die Zahl der Gastbeiträge mehrt, in denen Genossen der Linken über den Fortgang und die Richtung ihrer Partei nachdenken (vgl. zum Beispiel hier: Von Oskar lernen). Die Beiträge selbst wie die Kommentierungen strahlen viel Neugierde, Offenheit und lebendige Streitkultur aus; das gesamte Spektrum der Partei scheint hier versammelt und sich zu Wort zu melden.
Was mache ich mir eigentlich Gedanken, dachte ich nun, jedesmal, wenn sich jene verflixte Idee wieder einstellte, dass der Name des Blogs doch überholt sei. Allein: es ließ sich nicht verhindern. Die Gedanken sind nun einmal frei. Hier jedenfalls, bei mir im Kopf. Ansonsten bin ich mir da schon lange gar nicht mehr so sicher, dass dies so ist. Jedenfalls kam mir dann irgendwann so etwas Fades wie “Von Linken für Linke” in den Sinn. Peinlich, peinlich, einfallslos, das gebe ich unverhohlen zu. Dann aber kam mir der rettende Gedanke. Rettend deswegen, weil einen ein einziger Gedanke ja schon recht plagen und, frei wie er ist, gefangen nehmen kann. So nahe können Freiheit und Gefangennahme beieinander liegen, ja, sich geradezu gegenseitig bedingen. Was gleichzeitig zeigt, dass das Leben voller Widersprüche ist. Weswegen es meines Erachtens auch so existenziell ist, zu widersprechen, zu streiten und zu diskutieren – und zwar gerade mit denjenigen, die nicht die eigene Auffassung teilen. Das Gegenteil davon ist die Mission oder das Missionieren.
Häufiger und viel länger schon als Lafontaines Linke lese ich die NachDenkSeiten. Die aber sind nun in Sachen Linke so einseitig geworden, sehen vor lauter Kampagnen nur noch Lafontaine umzingelt von Feinden in und außerhalb der Partei, dass mir als Leser eben dies zunehmend Kopfzerbrechen bereitete. Wie kann das sein: jede Kritik an Lafontaine: Kampagne! Und Die Linke, jedenfalls in der Lafontainschen Ausrichtung (deren Inhalte ich im Übrigen in vielen Punkten für richtig halte): Die “einzige” Partei, die… Einer der Höhepunkte: die Kommentierungen in den vom vergangenen Freitag. Meine Güte! Geht´s noch undifferenzierter?
“Anmerkung JB: SPD und Grüne übertreffen sich gegenseitig im Wettbewerb, wer 2013 Juniorpartner unter Merkels Regentschaft zu werden. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig die LINKE als einzige inhaltlich überzeugende Oppositionspartei ist.”
Kein Wort von Hilde Mattheis kritischen Äußerungen auf Spiegel online zum Fiskalpakt und der Positionierung der SPD-Spitze; kein Wort über die Initiative innerhalb der SPD gegen den Fiskalpakt, um nur zwei Beispiele zu nennen. Die NachDenkSeiten-Redaktion scheint schon voll und ganz mit jenem “Wir-sind-die-Einzigen-Virus” infiziert, den ein Teil der Linken so beständig pflegt: Wir sind die “Einzigen”, die… Oder: “Das ist die Wahrheit.” (Einer der Lieblingssätze Gysis). Da muss das NachDenken zwangsläufig auf der Strecke bleiben – und der diesem geistigen Abschalten zugrundeliegende, an sich richtige und wichtige Punkt: die Medienkritik muss Schaden nehmen. Eine in meinen Augen wirklich traurige Entwicklung.
Auch die folgende Anmerkung ist nicht eben dazu geeignet, zum NachDenken anzuregen (ebenda):
Jedem Lafontaine-kritischen Journalisten zu unterstellen, er seit Teil einer Kampagne oder mache sich gemein mit dieser, ist für einen einigermaßen nachdenklichen Leser nun wirklich eine intellektuelle Beleidigung. Das geben die oben verlinkten Artikel auch nicht her. Und wenn, muss man sich schon die Mühe machen, die Artikel selbst “auseinanderzunehmen”.
Das sind nur zwei Beispiele. Wer etwas zurückblättert kann sich vor ähnlichen Beiträgen kaum noch retten.
Da Humor ist, wenn man trotzdem lacht, und vor allem: weil ich endlich jenen plagenden Gedanken loswerden muss, auf den ich einleitend bereits verwies, schlage ich daher vor: Domains tauschen! Die NachDenkseiten würden fortan Lafontaines Linke heißen und Lafontaines Linke NachDenkSeiten. Ist ja nur eine Idee. Die Gedanken sind schließlich frei!
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