Anmerkung der Redaktion: Auf meine Frage, ob ich ihren wie ich finde gleichermaßen traurig bewegenden wie erfrischend aufrichtigen, direkten Brief zum Aufruf veröffentlichen dürfe, antwortete mir Frau Koczy: “Veröffentlichen Sie das ruhig so, ich bin aus dem Ruhrgebiet und wir sprechen hier in der Regel klare Worte.” Ich finde das ganz wunderbar und mutig. Wenn Bundespräsident Gauck sein häufig in den Mund genommenes Wort “Verantwortung” doch einmal so mit Inhalt und Nächstenliebe füllen würde, wäre schon viel gewonnen.Das gleiche gilt für das Gehör der für die Hartz IV Praxis verantwortlichen politischen Mandatsträger.
Ich nutze die Gelegenheit, auch noch einmal auf die vielen Kommentare in der Liste der Unterzeichner/innen unter dem Text des Aufrufes zu verweisen, die, von Betroffenen wie Nicht-Betroffenen, eine eindrucksvolle Sprache sprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
da sind wir doch dabei!
Ich kenne die Situation aus eigener Erfahrung und begleite zudem seit 2010 meine 59-jährige, an schwerer rheumatoider Arthritis leidende Schwester, die drei nichtrauchende (!) Steuerzahler geboren und großgezogen hat (und zwar alleine, ohne jemals auch nur einen Pfennig von diesem Staat, der inzwischen nur noch ein Steuerparadies für die wahren Sozialschmarotzer ist, zu beanspruchen – und das allein mit dem Mindestsatz an Unterhalt für sich und ihre Kinder und jahrzehntelangen Putzjobs).
Sie arbeitet seit 14 Jahren auf 400€ Basis in einer kleinen Lottoannahmestelle – und diese Arbeit sollte sie aufgeben für eine Armutsmaßnahme… Jetzt befindet sie sich wegen Angstzuständen inzwischen in psychotherapeutischer Behandlung und, dass muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, schämt sich dafür, dass die herrschende politische Klasse sie in Hartz IV gezwungen hat. Sie wollte eigentlich nur, das erste Mal in ihrem Leben, Wohngeld beantragen – leider wurde ihr gesagt, sie sei zu arm um Wohngeld zu bekommen, sie müsse daher zur ARGE, und sich da durch den Fleischwolf drehen lassen, vorher gibts mal gar nichts…
Ich bin Hausfrau, 50 Jahre alt, wohne in Recklinghausen und habe die Volksverarschung, der ich jeden Tag durch die Sprechblasenbläher in den diversen Medien ausgesetzt bin, satt.
Danke für die Gelegenheit, mich einzubringen, und danke auch für die Verständlichmachung von Sachverhalten die Leuten wie mir in der Regel ja gar nicht ‘zugemutet’ werden – ich bin jetzt wieder etwas schlauer.
Und wieder etwas angep….er…
Glück auf,
Martina Koczy
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