SPD- und GRÜNEN-Spitze haben total versagt – jetzt entziehen sie sich auch noch ihrer Verantwortung

Es wird im Zusammenhang mit dem nun durch das Verfassungsgericht zunächst verzögerten Entscheidungsprozess über den Fiskalpakt von einem Scheitern der Regierung berichtet. Das aber ist nur die halbe Wahrheit: Denn – wie gestern bereits vor dem Eingreifen des Verfassungsgerichtes und des Bundespräsidenten festgestellt – die Opposition regiert im Fall des Fiskalpaktes mit. Ohne die Stimmen der SPD und der GRÜNEN wäre der Fiskalpakt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen.

Die Fraktions- und Parteispitzen von SPD und GRÜNEN aber haben total versagt, weil sie im Grundsatz die Sparpolitik und den Raubbau am Staatshaushalt der Bundesregierung überhaupt nicht in Frage stellen. Sie haben sie über Jahre in Regierungsverantwortung selbst praktiziert und in der Opposition mit getragen oder ihr allenfalls mit halbherzigen populistischen Sprüchen widersprochen. Die in dieser Vorgehensweise wohl herausragensten “Persönlichkeiten” sind SPD-Parteichef Sigmar Gabriel und SPD-Fraktionschef Frank Steinmeier. Aber auch ihre politische Entourage, allen voran Andrea Nahles, Thomas Oppermann und Hubertus Heil, steht jenen in nichts nach. All das ist mit etwas Blättern und Lesen auf Wirtschaft und Gesellschaft trefflich nachzuvollziehen. Die Stimmen der Vernunft in den eigenen Reihen – die beispielsweise in Interviews mit Hilde Mattheis ebenfalls auf Wirtschaft und Gesellschaft nachzulesen sind – sind in den oberen Etagen wirkungslos verhallt. Ein ähnliches Bild geben die GRÜNEN ab, bei denen kritische Stimmen, wie beispielsweise von Lisa Paus, einen Cem Özdemir oder  Jürgen Trittin offensichtlich nicht zum Nachdenken brachten.

Das Irre – jeder andere Ausdruck erscheint maßlos untertrieben – ist, wie sich die SPD kurz nach der Einigung mit der Bundesregierung über den Fiskalpakt selbst feierte: Auf der Internetseite der SPD ist tatsächlich von einer “Kehrtwende der Bundesregierung” zu lesen und von einem “großen Erfolg für die SPD”. Es ist diese geistlose Selbstbejubelung, die vielleicht am besten den dramatischen intellektuellen und politischen Verfall an der Partei- und Fraktionsspitze und ihren Stäben zum Ausdruck bringt – und die im übrigen tief bis in die unterste, “linke” wie “rechte” Funktionärs- oder besser Karrieristenebene der Sozialdemokratie hineinreicht. Wer da nicht mitspielt, ist schnell marginalisiert, wie mir immer wieder politische sozialdemokratische Entscheidungsträger, aber auch Mitarbeiter, überzeugend darlegten.

Bei soviel fehlendem Intellekt und soviel politischer Skrupellosigkeit darf natürlich das Scheuen von Verantwortung nicht fehlen: Schon ist von Hubertus Heil als Reaktion auf den gestern nach der Einigung von SPD, GRÜNEN und Bundesregierung über den Fiskalpakt vom Verfassungsgericht und Bundespräsidenten jäh unterbrochenen Parforce-Ritt zu lesen: “SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil forderte die Bundesregierung auf, mögliche verfassungsrechtliche Zweifel rasch auszuräumen. ´Die Regierung muss jetzt zügig darlegen, dass sie die Verträge ausreichend verfassungsrechtlich geprüft hat´, sagte er der WAZ-Gruppe.

Das ist nun wirklich erbärmlich. Hat die SPD etwa nicht selbst genügend Juristen – Steinmeier ist selbst einer -, die – wenn schon nicht der ökonomischen und sozialen Logik folgend und auf die bereits jetzt verheerenden Auswirkungen in den Krisenländern hörend – doch wenigstens hätten prüfen müssen, ob der Fiskalpakt unserem Grundgesetz entspricht bzw. widerspricht? Nun gut, ließe sich einwänden, das Grundgesetz hat SPD und GRÜNE auch nicht bei der Verabschiedung von Hartz IV interessiert. Aber ist es das, was Steinmeier meint, wenn er in jedem zweiten Satz das Wort Regierungsverantwortung in den Mund nimmt?

Die, die wirklich noch ein Verantwortungsgefühl in der SPD haben, und dass es diese gibt, zeigen Stimmen wie die von Hilde Mattheis, Klaus Barthel, Werner Schieder und anderen, müssen, sofern noch nicht geschehen, endlich aus ihren Hinterzimmern heraustreten, ihre Zurückhaltung gegenüber dem Kurs der eigenen Parteispitze aufgeben und Konsequenzen fordern. Ohne dies scheint die Sozialdemokratie auf lange Sicht weiter auf politisch verlorenem Posten – zum Schaden der Menschen, ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft, nicht nur in Deutschland, auch in Europa.


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