Aktuelle Nachrichten und Hintergrund auf Wirtschaft und Gesellschaft: Was sagen uns die neuen Außenhandelszahlen?

Donnerstag, 30. August 2012 09:00 Uhr

“Export in Euro-Krisenländer rückläufig

Wegen der Euro-Krise ist der Export deutscher Produkte nach Portugal, Spanien, Griechenland und Italien eingebrochen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, war der Rückgang in Portugal mit mehr als 14 Prozent im ersten Halbjahr besonders stark. Dagegen legten die Geschäfte mit Frankreich und den Niederlanden um rund 4 Prozent zu. Auch die starke Nachfrage aus Übersee und Osteuropa glich die Exportschwäche in der Euro-Zone aus. Insgesamt stiegen die Ausfuhren um 4,8 Prozent auf gut 550 Milliarden Euro.”

Das meldete der Deutschlandfunk heute Vormittag.

Außenhandelszahlen spiegeln tiefe Rezession in Krisenländern

Wie bereits die Zahlen der griechischen Außenhandelsstatistik zeigen jetzt auch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes die tiefe Rezession in den Krisenländern. Sie hinterlässt zunehmend auch Spuren im deutschen Export. Insofern sind Überschrift und Meldung des Deutschlandfunks problemorientierter und aussagekräftiger als die des Statistischen Bundesamts selbst, das diese Überschrift verwendet: “1. Halb­jahr 2012: Ex­porte in Län­der außer­halb der Europäi­schen Union stei­gen um 11,1 %“.

Export in Drittländer gewährt Deutschland voraussichtlich nur Schonfrist

Ist das Glas also halb leer oder halb voll? Berücksichtigt man den hohen Außenhandelsanteil Deutschlands mit der Europäischen Union und insbesondere der Eurozone, ist das Glas halb halb leer. Denn trotz der vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Steigerung des Außenhandelanteils mit Drittländern außerhalb der Europäischen Union (1. Halbjahr 2012: 42 %; 1. Halbjahr 2011: 39,7 %) gehen immer noch rund 60 Prozent der deutschen Exporte in die EU, davon der weitaus größte Teil (211,6 Mrd. Euro) in die Eurozone und der deutlich geringere Teil in die nicht der Eurozone angehörenden EU-Länder (107,5 Mrd. Euro).

Vertieft sich die Rezession in der Eurozone weiter, wovon aufgrund der Ausgabenkürzungen ausgegangen werden muss, beschränkt dies auch die Möglichkeiten der Drittländer, in die Eurozone zu exportieren. Das schwächt auch deren Konjunktur und wird voraussichtlich schwächere Importe nach sich ziehen, auch wenn das deutsche Exportprofil (Maschinen und Ausrüstungsgüter) gerade in Schwellenländern dafür sorgen mag, dass sie an dieser Stelle zuletzt streichen, weil sie auf diese Warengruppen besonders angewiesen sind, um ihren Entwicklungsprozess fortsetzen zu können. Die deutsche Außenhandelsbilanz kann daher zum Ende des zweiten Halbjahres bereits deutlich schlechter aussehen.

Den Exportüberschuss Deutschlands durch eine stärkere Binnenkonjunktur zu mindern, auch, um die Exportmöglichkeiten der anderen Länder zu verbessern und deren Importüberschüsse und die damit einhergehende Verschuldung zu verringern und zu einem nicht weiter deflationären Ausgleich der Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Eurozone zu kommen, hat daher nicht an Dringlichkeit verloren.

Der Außenhandel mit Frankreich birgt politischen Zündstoff

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Zahlen zum Außenhandel mit Frankreich. Zwar konnte Deutschland seine Ausfuhren im ersten Halbjahr 2012 nach Frankreich gegenüber Vorjahr steigern (+4,2 %), eingekauft hat Deutschland bei Frankreich aber weniger (-2,6 %). Gegenüber dem Vorquartal beträgt der Einbruch der Einfuhren aus Frankreich sogar über 6 Prozent. Der über Jahre von deutscher Seite gegenüber Frankreich aufgebaute Wettbewerbsvorteil wirkt also weiter. Dieser Wettbewerbsvorteil ist für Frankreich umso ärgerlicher, weil Frankreich sich an das vertraglich vereinbarte Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent gehalten hat, Deutschland dieses aber fortlaufend unterschritten hat. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, dürfte dieses Missverhältnis auch die politische Bühne beschäftigen, was angesichts der Dreistigkeit, mit der Deutschland an seiner Exportstrategie festhält, durchaus von Vorteil für die gesamte Eurozone wäre. Was für Frankreich gilt, gilt im übrigen auch für die USA.

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