Zynisches Improvisationstheater in der Rentenpolitik

Die heutigen 10-Uhr-Nachrichten des Deutschlandfunks hielten eine interessante Meldung zur Rentenpolitik bereit (1). Nicht nur berichtete der DLF darüber, dass die Bundesarbeitsministerin von der Leyen “ihre Pläne zur Vermeidung von Rentenarmut verteidigt.” Dabei wurde auch deutlich, wie einfach es doch ist, selbst in dem begrenzten Raum der Nachrichten, das Improvisationstheater und den Zynismus der Politik zu offenbaren, nur indem man die Politiker selbst wiedergibt.

So berichtet der DLF, dass von der Leyen der “Bild”-Zeitung sagte, “ohne Zuschussrente müssten jedes Jahr zigtausende Menschen nach ihrem Arbeitsleben zum Sozialamt geschickt werden, weil ihre Rente nicht zum Leben reichte.” Dass die Rente aber nicht zum Leben reicht, nimmt sie nicht zum Anlass, zu hinterfragen, warum das denn so ist. Stattdessen eine “Zuschussrente”. Hauptsache “durchgerechnet” mit dem Finanzminister! “Noch sei Altersarmut nur ein kleines Problem”, meint von der Leyen. Sind 600.000 Menschen, die schon jetzt im Rentenalter auf Grundsicherung angewiesen sind, tatsächlich “nur ein kleines Problem”; vielleicht weil es insgesamt doch schließlich 20 Millionen Rentner sind und das Einzelschicksal beim “Durchrechnen” so nicht ins Gewicht fällt?

Doch zum Glück gibt es ja in der parlamentarischen Demokratie immer auch eine schlagkräftige Opposition, die Alternativen aufzuzeigen weiß – oder nicht? Auch dazu hält der DLF in derselben Nachricht Informationen bereit:

“Ein Papier der von Parteichef Gabriel eingesetzten Arbeitsgruppe zur Rente sehe vor, dass Geringverdienern, die 40 Jahre lang Vollzeit gearbeitet haben, eine Rente von 850 Euro pro Monat garantiert wird. In dem Papier spricht sich die Arbeitsgruppe zudem dafür aus, an der auch innerparteilich umstrittenen Rente mit 67 festzuhalten.”

Na das klingt ja nun wirklich vielversprechend! Wir haben dies an dieser Stelle bereits im Dezember vergangenen Jahres thematisiert und vorhergesehen: Gabriels Neunte – SPD lässt Rentner im Regen stehen. Auch die Positionierung der SPD zur Rente mit 67 war da schon vorhersehbar: Kommentar zur Diskussion um die Rente mit 67.

Vor zwei Tagen war an dieser Stelle anlässlich des 50. Todestages von Hermann Hesse zu lesen: Lest Hesse! Es lohnt sich, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung in der Rentenpolitik die darin zitierten Passagen von Hermann Hesse nachzulesen. Wirtschaft und Gesellschaft wird auf die Rentenpolitik noch ausführlicher eingehen. Sehr grundsätzlich hat sich zuletzt der Wirtschaftswisssenschaftler und Publizist Christian Christen in einem Gastbeitrag für Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Komplex der Alterssicherung auseinandergesetzt.

(1)

Deutschlandfunk – Von der Leyen verteidigt ihr Konzept gegen Altersarmut

Samstag, 11. August 2012 10:00 Uhr

Von der Leyen verteidigt ihr Konzept gegen

Altersarmut

Bundesarbeitsministerin von der Leyen hat ihre Pläne zur Vermeidung von Altersarmut verteidigt. Sie sagte der “Bild”-Zeitung, ohne Zuschussrente müssten jedes Jahr zigtausende Menschen nach ihrem Arbeitsleben zum Sozialamt geschickt werden, weil ihre Rente nicht zum Leben reichte. Die CDU-Politikerin betonte, ihre Vorschläge seien mit Finanzminister Schäuble durchgerechnet. Noch sei die Altersarmut nur ein kleines Problem. Im Jahr 2014 wären 90.000 Menschen betroffen, im Jahr 2030 aber bereits 1,3 Millionen. – Die Rentenpläne von der Leyens stoßen bei der FDP und beim Wirtschaftsflügel der Union auf Ablehnung. Die SPD will nach einem Bericht der ´Rheinischen Post´ ebenfalls mehr gegen Altersarmut tun. Ein Papier der von Parteichef Gabriel eingesetzten Arbeitsgruppe zur Rente sehe vor, dass Geringverdienern, die 40 Jahre lang Vollzeit gearbeitet haben, eine Rente von 850 Euro pro Monat garantiert wird. In dem Papier spricht sich die Arbeitsgruppe zudem dafür aus, an der auch innerparteilich umstrittenen Rente mit 67 festzuhalten.

___

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine

Wenn nur 100 Wirtschaft und Gesellschaft abonnieren…


Dieser Text ist mir etwas wert


Verwandte Artikel: