Nach einem gerade erschienen Interview Rainer Brüderles mit Spiegel online, in dem der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und jetzige Chef der FDP-Bundestagsfraktion noch einmal so richtig gegen Griechenland zu Felde zieht, musste ich endlich einmal nachschauen: Was hat dieser ökonomische und politische Hanswurst eigentlich für eine Ausbildung bzw. hat er überhaupt eine? Und dann die Überraschung:
Rainer Brüderle ist Dipl.-Volkswirt. War unser Bildungssystem Anfang der 1970er Jahre schon so herunter gekommen? Nein, damals konnte man noch gebührenfrei studieren und die Professorenschaft dürfte auch noch nicht so einseitig ideologisiert gewesen sein wie in der deutschen Volkswirtschaftslehre heute. Wir wissen also wirklich nicht, wie Rainer Brüderle zu seinem Abschluss gekommen ist.
Seinen Platitüden und seinem groben Populismus nach zu urteilen, hat er sich jedenfalls nie mit der Lehre über gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge auseinandergesetzt. Was wäre wohl aus ihm geworden, wäre er nicht schon 1973 in die FDP eingetreten? Auch diese Frage können wir nicht beantworten und müssen an Ihre Fantasie appellieren.
Für Brüderle gibt es in Sachen Griechenland wie wohl auch für die deutsche Wirtschaft und am besten gleich weltweit nur eines, das wirklich zählt: “Reformdisziplin“. Und so fällt ihm zum Besuch des griechischen Ministerpräsidenten am Freitag in Berlin auch nicht mehr ein als dieser Wunsch: “Er möge die Zusagen, die er gegenüber der Troika gemacht hat, nun endlich auch einhalten.”
Die volkswirtschaftlichen Ergebnisse, die schon die bisherige “Reformdisziplin” nach sich gezogen hat, interessieren Brüderle nicht die Bohne. Von den sozialen Folgen ganz zu schweigen. Ein echter Brüderle marschiert durch und zeigt sich so immerhin von seiner besten Seite: Er ist ehrlich. Liberal ist freilich das genaue Gegenteil von Brüderle. Brüderle will schließlich etwas erzwingen und dazu auch Zwang ausüben, und sei es auch nur mit grober Stimmungsmache.
Die Erfahrung, die die Griechen und die Portugiesen, die Spanier und die Italiener mit der deutschen Spardoktrin machen – nicht zuletzt seit langem auch die Deutschen selbst -, interessiert ihn nicht; dass die Volkswirtschaften immer tiefer fallen, interessiert ihn nicht; ihn interessiert nur die einmal festgesetzte “Reformdisziplin”. Irgendwie ähnelt Brüderle mehr einem Amokläufer als einem rational denkenden und mitfühlenden Politiker. Ein Volkswirt ist er jedenfalls nicht, zumindest denkt er nicht als solcher – wenn er überhaupt noch denkt. Eher schon ein Scharfrichter. Für Brüderle ist die Sache ganz einfach:
“Es geht im Falle Griechenland doch nicht um das Opfern eines Staates. Die Sache ist einfacher – hält Athen ein, was es versprochen hat oder nicht? Damit liegt der Schlüssel für den weiteren Verbleib in der Euro-Zone jetzt in Athen und nirgendwo sonst.”
Ich bin gespannt, wie Brüderle und andere Politker ähnlichen Kalibers sich verhalten werden, wenn ihnen der Laden erst so richtig um die Ohren fliegt. Spätestens dann werden wir diese Aussagen Brüderles und anderer wieder hervorholen. Für mich ist er schon längst Angeklagter und nicht Kläger.
Für bzw. gegen Politiker wie Brüderle habe ich dieses Lied geschrieben:
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Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine
Wenn nur 100 Wirtschaft und Gesellschaft abonnieren…
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Alltag im Regierungsviertel