Aktuelle Nachrichten und Hintergrund auf Wirtschaft und Gesellschaft: Reich an Armut – die Rentenkonzepte der SPD und der Bundesregierung

“Sonntag, 09. September 2012 13:00 Uhr

Von der Leyen strebt parteiübergreifenden Konsens bei Rentenreform an

Bei der Bekämpfung der Altersarmut sollte es nach den Worten von Arbeitsministerin von der Leyen einen parteiübergreifenden Beschluss geben. Eine Rentenreform sei immer in einem gesellschaftlichen Konsens bearbeitet worden, sagte die CDU-Politikerin der “Welt am Sonntag”. Zugleich begrüßte sie das neue Rentenkonzept der Sozialdemokraten. Das gestern bekanntgewordene Konzept ähnelt der von der Ministerin vorgeschlagenen Zuschussrente: Die SPD will eine Mindestrente von 850 Euro für langjährig Versicherte sowie eine Solidarrente für Geringverdiener und Beschäftigte mit langer Arbeitslosigkeit.”

Diese Nachricht sendet der Deutschlandfunk bereits den ganzen Vormittag. Sie könnte gleich in einigen Punkten Recht behalten: Dass SPD-Spitze und Regierung auf einen “parteiübergreifenden Beschluss” zusteuern und dass “das gestern bekanntgewordene Konzept” der SPD der Zuschussrente von Ursula von der Leyen “ähnelt”. “Gesellschaftlicher Konsens” sieht in meinen Augen freilich anders aus; wurden die bisherigen Renten”reformen” doch über die Köpfe der Menschen, der Gesellschaft also, hinweg entschieden; von einem parteipolitischen Konsens kann man dagegen sehr wohl sprechen; haben doch CDU/CSU und FDP den unter Rot-Grün entwickelten Rentenkürzungen zugestimmt.

Auf eine zentralen Mangel der Zuschussrente machte Johannes Steffen von der Arbeitnehmerkammer Bremen am 5. September aufmerksam. Unter der Überschrift “Zuschussrente. Diagnose richtig -Therapie falsch“, schreibt Steffen – noch vor Bekanntgabe des SPD-Konzeptes:

“Der wichtigste Schritt, um die gesetzliche Rentenversicherung
strukturell armutsfest zu machen, ist die Gewährleistung eines
einigermaßen lebensstandardsichernden Leistungsniveaus.
Das erfordert den Stopp der Rentenniveausenkung und die
Rückkehr zu einem Niveau, wie wir es zur Jahrhundertwende vor
den rot-grünen »Reformen« hatten. Ohne eine solche Kehrtwende
in der Rentenpolitik bleiben alle punktuellen Maßnahmen am
Ende wirkungslos. Die Zuschussrente ist hierfür der augenscheinlichste Beleg. Das Leyensche Rechentableau dokumentiert die richtige Diagnose – und belegt zugleich, wie falsch die politische Therapie der Ministerin ist. Denn den Stopp der Rentenniveausenkung erklärt sie weiterhin zum Tabu.”

Am selben Tag richtete in einem Interview mit auch der Sozialwissenschaftler Christoph Butterwegge den Blick auf das Rentenniveau:

“Altersarmut per Gesetz

tagesschau.de: Was ist dann ausschlaggebend für die wachsende Altersarmut?

Butterwegge: Die rot-grüne Koalition hat kurz nach Jahrtausendwende sogenannte Dämpfungsfaktoren – oder besser: Kürzungsfaktoren – in die Rentenanpassungsformel eingebaut. Dadurch wird das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 um etwa ein Viertel gesenkt.”

Weil auch das jetzt zur Diskussion stehende Rentenkonzept der SPD offenbar keinen Stopp der Rentenniveausenkung vorsieht, geschweige denn eine “Rückkehr zu einem Niveau, wie wir es zur Jahrtausendwende vor den rot-grünen `Reformen` hatten”, wie wir es im Rahmen einer Diskussion des Rentenkonzepts der Berliner SPD auf Wirtschaft und Gesellschaft bereits Ende August thematisiert hatten, trifft die Kritik Steffens und Butterwegges auch voll und ganz das jetzige Renten-Konzept der SPD-Bundesspitze.

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