Ein “Argument”, das häufig angebracht wird, wenn man sich gegen die Offenlegungspraktiken und -vorschriften für Hartz IV Beziehende wendet, ist, dass jene ja schließlich von der Allgemeinheit, von den Steuerzahlern “ausgehalten” würden und daher ein Anspruch bestünde, dass sie ihre Hinzuverdienste und Vermögensverhältnisse offenlegen.
Nun, auch die 7.668 Euro Entschädigung, die jeder Bundestagsabgeordnete monatlich erhält, werden aus Steuermitteln finanziert.
Im neuesten Alterssicherungsbericht der Bundesregierung – der der Redaktion vorliegt – findet sich zudem diese interessante Passage:
“Das Grundgesetz bestimmt in Artikel 48 Absatz 3, dass die Abgeordneten einen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben. Im Hinblick auf die mit der Übernahme eines Abgeordnetenmandats häufig einhergehende Unterbrechung des beruflichen Werdegangs, die gebotene Gleichbehandlung aller Abgeordneten und nicht zuletzt die Unabhängigkeit des Mandats wurde eine eigenständige Versorgungsform gewählt.”
Es kommt also das Argument hinzu: Wenn die Entschädigungen für Abgeordnete deren Unabhängigkeit sichern soll, dann sollte ihnen doch gänzlich untersagt werden, für Vorträge Geld anzunehmen bzw. sollte ihnen der Hinzuverdienst von der Entschädigung abgezogen werden.
Wenn für Abgeordnete dieselben oder ähnliche Regeln wie für Hartz IV Beziehende gelten würden – zur Orientierung können die §§ 11b und 12 des Sozialgesetzbuches dienen – wäre Hartz IV wahrscheinlich gar nicht entstanden – genausowenig wäre wohl die Bahn privatisiert worden, um ein anderes nicht nachvollziehbares Privileg von bestens entschädigten Abgeordneten zu nennen, wenn nicht jeder Bundestagsabgeordnete ohnehin umsonst fahren dürfte, wie es ihm die frei Haus gelieferte Bahncard 100 erlaubt.
Eine entsprechende gesetzliche Regelung für Nebenverdienste von Abgeordneten würde nicht nur für mehr Transparenz sorgen, sie würde den ein oder anderen Abgeordneten auch dazu verhelfen, über die Folgen von Gesetzgebungen nachzudenken, die er verantwortet.
Wirtschaft und Gesellschaft freut sich daher über jeden politischen Mandatsträger und jede Partei, der diese Anregung aufgreift und ein entsprechendes Gesetz entwirft.
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