“Sonntag, 11. November 2012 14:00 Uhr
Schäuble rechnet nicht mit rascher Entscheidung über Griechenlandhilfen
Bundesfinanzminister Schäuble rechnet nicht mit einer schnellen Freigabe der nächsten Hilfsgelder für Griechenland. Es sei nicht davon auszugehen, dass morgen beim Treffen der Finanzminister der Eurozone ein vollständiger Troika-Bericht vorliege, sagte Schäuble der ´Welt am Sonntag´. So habe das griechische Parlament erst in der vergangenen Woche Sparmaßnahmen beschlossen, die eigentlich bereits im Juni hätten umgesetzt werden sollen. In Athen stimmen die Abgeordneten am Abend über den Haushalt für das kommende Jahr ab. Der Entwurf geht davon aus, dass die griechische Wirtschaft im kommenden Jahr um 4,5 Prozent schrumpfen wird. Die Billigung des Etats ist ebenfalls Voraussetzung für weitere Hilfen.”
Das meldet der Deutschlandfunk heute.
Über Schäuble muss man nicht erneut Worte verlieren; er hat sich sowohl als Finanzminister als auch als Arbeitgeber nachhaltig disqualifiziert.
Die Meldung macht jedoch auf einen Sachverhalt aufmerksam, der anscheinend als selbstverständlich angesehen wird, dennoch aber den ganzen Wahnsinn der vermeintlichen “Rettungsmaßnahmen” für Griechenland und andere Krisenländer vor Augen führt: Es ist der Tatbestand, dass davon ausgegangen wird, “dass die griechische Wirtschaft im kommenden Jahr um 4,5 Prozent schrumpfen wird.”
Wie aber kann eine Gemeinschaft, als die sich die EU zumindest formell noch begreift, überhaupt hinnehmen, dass ein Land um 4,5 Prozent schrumpft, noch dazu wo dieses Land nun bereits seit Jahren an Wirtschaftskraft verliert und eine irgendwie geartete ökonomische und soziale Perspektive in immer weitere Ferne rückt? Es ist rational nicht zu begründen. Die Beteiligten haben sich total verrannt in ein Verhalten, bei dem man, würde es in einer Familie auftreten, den Erziehungsberechtigten das Sorgerecht entziehen würde.
Die griechische Wirtschaft würde dann das sechste Jahr in Folge schrumpfen; das Bruttoinlandsprodukt (BIP) läge dann um fast 50 Mrd. Euro (48,9) unter dem des Jahres 2007; das entspricht einem Verlust, gemessen am BIP von 2007 von 23 Prozent. Die Arbeitslosigkeit würde dann das fünfte Jahr in Folge steigen, insgesamt gegenüber 2008 um 783 Tausend Menschen; die Arbeitslosigkeit hätte sich seit 2008 damit mehr als verdreifacht.
Hier zeigen sich die brutalen Folgen einer Politik, die sich einseitig dem Ausgleich von Staatsdefiziten und dem Schuldenabbau wie der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit per Ausgabenkürzungen verschrieben hat. Das alle drei Ziele mit dem Mittel der Ausgabenkürzungen nun schon seit Jahren konterkariert, ja verschlimmert werden, ignorieren die Verantwortlichen genauso wie die sozialen Folgen, die diese Politik nach sich zieht. Die Alternative liegt auf der Hand: Nicht nur in Griechenland müssen stattdessen ein Beschäftigungsziel und eine angemessene Wachstumsrate gesetzt werden, um den betroffenen Menschen und der Eurozone insgesamt noch eine Perspektive zu geben.
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