Aktuelle Nachrichten und Hintergrund: Merkel meint Wettbewerbsbedingungen Portugals hätten sich verbessert – das trägt nicht

“Bundeskanzlerin Merkel hat die Sparanstrengungen Portugals gelobt. Nach Gesprächen mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Passos Coelho in Lissabon bescheinigte die Kanzlerin der Regierung mutiges Handeln. Die Wettbewerbsbedingungen in dem Land hätten sich verbessert”, meldete der Deutschlandfunk gestern in seinen 17 Uhr Nachrichten.

Wie aber können sich die Wettbewerbsbedingungen nachhaltig verbessern, ohne zu investieren? Nicht umsonst gelten Investitionen als Herzstück einer Volkswirtschaft: “Erfolgreiche Investitionen in neue Produktionsprozesse, Produktionsanlagen und Produkte sichern aus dem daraus erwachsenen Sach-Kapitalstock, der eine steigende Produktivität ermöglicht, dass sich der Lebensstandard gegenwärtiger und zukünftiger Generationen hält oder sogar verbessert.”

Die Bruttoanlageinvestitionen in Portugal aber befinden sich auf einem historischen Tiefstand – so tief wie in keinem Jahr seit Bestehen der Eurozone; sie werden in diesem Jahr laut Prognose des Europäischen Amts für Statistik, Eurostat, um über 12 Mrd. Euro unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2007 (-34%) liegen; seit 2007 sind sie ohne Unterbrechung gesunken und werden laut Eurostat auch im nächsten Jahr weiter sinken.

Entwicklung der Bruttoanlageinvestitionen, 1999 bis 2013 (Zur Vergrößerung auf Graphik klicken.)

Wie kommt die Bundeskanzlerin also auf die Idee, dass sich die Wettbewerbsbedingungen in Portugal verbessert hätten? Nun, sie wird die Entwicklung der Lohnstückkosten im Blick haben. Die sind zwar seit 2010 gesunken. Die Arbeitsproduktivität – das Bruttoinlandspodukt je Beschäftigtem (je Arbeitsstunde weist die Statistik für Portugal leider nicht aus) – aber ist nur marginal gestiegen, die Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigtem hingegen stärker gefallen; während die Produktivität zwischen 2010 und 2012 real um 0,9 Prozent (nominal 1,9) gestiegen ist, sind die Arbeitnehmerentgelte real um 4,6 Prozent (nominal -3,7%) gefallen. Auch sind die Arbeitnehmerentgelte insgesamt (Arbeitnehmerentgelte, Gesamtwirtschaft) noch stärker gefallen; zwischen 2010 und 2012 um nominal fast 8 Prozent; darin spiegelt sich die gestiegene Arbeitslosigkeit wider. Massenarbeitslosigkeit ist aber über die kurze Sicht hinaus sicherlich auch kein Ausweis gestiegener Wettbewerbsfähigkeit, sondern untergräbt diese vielmehr. Außerdem ist die Schere, die sich seit Bestehen der Eurozone bei der Wettbewerbsfähigkeit vor allem zwischen Deutschland und den anderen Euroländern geöffnet hat, immer noch lange nicht geschlossen.

Entwicklung des Arbeitnehmerentgelts, der Arbeitsproduktivität und der Lohnstückkosten, 1999 bis 2013 (Zur Vergrößerung auf Graphik klicken.)

Die wieder leicht positive Leistungsbilanz Portugals ist dann auch aufgrund der unbefriedigenden Lohnentwicklung, staatlichen Ausgabenkürzungen und steigender Arbeitslosigkeit zu großen Teilen fallenden Importen geschuldet. Dass steigende Exportüberschüsse – wie sie Deutschland seit Bestehen der Währungsunion verfolgt und damit hauptverantwortlich für die Eurokrise zeichnet – wiederum kein Rezept sind, aus der Krise herauszuwachsen, zeigt die parallele Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und der Arbeitslosigkeit: Das BIP ist stark geschrumpft und soll laut Eurostat auch im nächsten Jahr weiter sinken; es ist fast wieder auf das Niveau zu Beginn der Währungsunion gefallen; die Arbeitslosigkeit ist in die Höhe geschnellt und soll laut Eurostat auch im nächsten Jahr weiter steigen.

Außenhandel, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit

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