“Euro-Schuldenkrise – Merkel lobt große Reformfortschritte Irlands”, ist ein aktueller Beitrag bei FAZ online überschrieben. “Das Land sei ein herausragendes Beispiel dafür,” gibt die FAZ die Bundeskanzlerin wieder, “wie Europa aus der Krise kommen könne.”
Wie diese “Reformschritte Irlands” aussehen, ist wiederum im letzten Absatz des Artikels zu lesen: “Bis 2014 soll der Staatshaushalt um 15 Milliarden Euro entlastet werden. Im öffentlichen Dienst fallen 25 000 Arbeitsplätze weg, Pensionen werden gekürzt. Die Mehrwertsteuer steigt stufenweise von 21 auf 23 Prozent. Studiengebühren in Höhe von 2000 Euro pro Jahr werden eingeführt.”
Ein wahrlich “herausragendes Beispiel”. Die Agenda 2010 im Schnelldurchgang.
Doch schauen wir etwas genauer hin:
Das Herzstück einer Marktwirtschaft sind Investitionen: “Erfolgreiche Investitionen in neue Produktionsprozesse, Produktionsanlagen und Produkte sichern aus dem daraus erwachsenen Sach-Kapitalstock, der eine steigende Produktivität ermöglicht, dass sich der Lebensstandard gegenwärtiger und zukünftiger Generationen hält oder sogar verbessert.”
Da sieht es für Irland schon einmal düster aus.
Der starke Rückgang der Staatsausgaben dürfte sich ebenfalls nicht positiv auf die Entwicklung Irlands auswirken. Er kann schwerlich an der Qualität der öffentlichen Infrastruktur und des sozialen Zusammenhalts vorbei gehen.
Worauf Irland baut, ist an den Lohnstückkosten und dem Leistungsbilanzsaldo abzulesen. Über eine nicht produktivitäts- und verteilungsneutrale Lohnentwicklung – die Lohnentwicklung fällt hinter die Produktivitäts- und Preisentwicklung zurück – wird versucht, Wettbewerbsvorteile gegenüber den Handelspartnern zu gewinnen und Exportüberschüsse zu erzielen. Damit folgt Irland dem deutschen Modell. Das aber kann für die Eurozone als Ganzes nicht funktionieren, denn die Exportüberschüsse eines Landes setzen zwingend Importüberschüsse, also steigende Verschuldung, eines anderen Landes oder anderer Länder voraus. Selbst für ein wirtschaftlich kleines Land wie Irland kann dies kein Rezept für eine nachhaltige Entwicklung sein, die den Wohlstand der Bevölkerung als Ganzes im Blick hat und am Überleben der Eurozone interessiert ist.
Die trotz der hohen Leistungsbilanzüberschüsse sich kaum bewegende Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts zeigt, dass das deutsche Exportüberschussmodell, das auf unfaire Unterbietung seiner Handelspartner setzt, auch für Irland kein Erfolgsrezept ist.
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