Zitat des Tages: Graham Watson, Europa-Politiker der englischen Liberal Democrats

Heute früh hat sich der liberale britische Europa-Politiker Graham Watson gegenüber dem Deutschlandfunk zu den EU-Haushaltsverhandlungen geäußert – und bewegte sich besonders mit einer Aussage passgenau in den Fußstapfen deutscher Europa-Politiker und Ökonomen:

Das heißt, wenn es unserer Wirtschaft in den kommenden Jahren besser geht, dann könnte man auch mehr ausgeben für Europa. Aber wenn es keine bessere Lage gibt, dann muss man auch auf europäischer Ebene sparen. Ich finde das auch logisch.

Was aber ist daran logisch? Richtig: Nichts. Watson sagt damit: Wenn jetzt auf nationaler Ebene weniger ausgegeben, gespart, wird, “dann muss man auch auf europäischer Ebene sparen”, also weniger ausgeben. Das genau aber kann nur weiter in die Rezession führen. Ökonomen sprechen in diesem Zusammenhang auch von prozyklischem Verhalten.

Logisch wäre das Gegenteil: Wenn bestimmte Länder aus welchen Gründen auch immer sich nicht länger in der Lage sehen, gegen die Rezession oder schwaches Wirtschaftswachstum mehr Geld in die Hand zu nehmen, um die Nachfrage und damit Wachstum und Beschäftigung zu stützen, dann müsste auf europäischer Ebene umso mehr für Ausgleich und Zusammenhalt gesorgt werden. “Besser gehen” wird es Europa jedenfalls nur, wenn zumindest die Überschussländer, allen voran Deutschland, wieder mehr ausgeben als sie einnehmen; nur das kann auch auf europäischer Ebene wieder für Ausgleich bei den Defizitländern sorgen, die ja umgekehrt massiv versuchen weniger auszugeben als sie einnehmen, also zu sparen; was aber auf nationaler Ebene nicht funktionieren kann, weil eben die Ausgaben des einen, die Einnahmen des anderen sind; in jenem Fall die Minderausgaben des einen, die Mindereinnahmen des anderen; gibt der Staat weniger aus, erhalten die Unternehmen weniger Aufträge und die Beschäftigten beim Staat und bei den Unternehmen weniger Lohn; diese Mindereinnahmen führen schließlich auch zu geringerer Beschäftigung bzw. höherer Arbeitslosigkeit; damit sinken auch die Steuereinnahmen des Staates und seine Ausgaben für Arbeitslosigkeit steigen. Wenn dies nun zum Programm auch für den EU-Haushalt gemacht wird, sorgt der daraus hervorgehende Gleichschritt umso mehr für geringeres Wachstum und höhere Arbeitslosigkeit.

Logisch sind Watsons Überlegungen daher nicht, genauso wenig wie die Fragestellung des Deutschlandfunk-Moderators, auf die Watson schließlich nur antwortet:

“Müller: Alle Länder stehen ja vor der Situation, auf jeden Fall sparen zu müssen. Viele Länder müssten drastisch, radikal sparen. Großbritannien gehört dazu, viele andere Nehmerländer, Portugal, Griechenland, Spanien, haben wir immer wieder berichtet, auch. Das heißt, wenn alle sparen müssen aus Ihrer Sicht, dann ist auch ganz klar, muss Europa sparen?”

Schade, das Watson dem Moderator nicht mit ökonomischer Logik widersprochen hat.

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.

Wenn nur 100 Wirtschaft und Gesellschaft abonnieren…


Dieser Text ist mir etwas wert


Verwandte Artikel: