EU-Gipfel: Per Vertrag in die Deflationsgemeinschaft

Vielleicht wird die EU, die Europäische Union, außerhalb des Europäischen Währungsraums ja bald EDU heißen: Europäische Deflations Union. Hat sich die eiserne deutsche Kanzlerin doch auf dem (“vor”)gestrigen EU-Gipfel durchgesetzt. Vorgestrig, weil sie an ein altes Rezept anknüpft, das allein in den Jahren der derzeitigen Wirtschaftskrise wieder und wieder gescheitert ist.

Merkel schaffte es gestern nicht nur, ihre wirtschaftspolitische Überzeugung auf dem EU-Gipfel durchzusetzen, sie schaffte es auch, ihr Wirtschaftsverständnis in wenigen Sätzen auf den Punkt zu bringen. So berichtet der Deutschlandfunk aus Brüssel:

“Bisher bestraft die EU Mitgliedsländer, wenn sie sich nicht an ihre Regeln halten. Dieses Prinzip will sie künftig teilweise umkehren – und diejenigen belohnen, die Reformen durchführen und sparen. Bis Juni 2013 sollen die EU-Spitzen prüfen, ob die Kommission Verträge mit einzelnen Mitgliedsstaaten abschließen kann, in denen Reformen vereinbart und dann auch belohnt werden. Bundeskanzlerin Merkel sprach davon, die Wettbewerbsfähigkeit der Staaten durch Reformen zu verbessern. Es gehe auch darum, Länder finanziell beim Sparen zu unterstützen. Für diesen Solidaritätsfonds sei ein Budget von höchstens 10 bis 20 Milliarden Euro im Gespräch.”

Was diese “Reformpolitik” konkret bedeutet, haben wir zuletzt gerade gestern am Beispiel Italien aufgezeigt: Der häufig ohnehin fragile gesellschaftliche Zusammenhalt wird weiter aufgelöst, breite Teile der Bevölkerung, besonders die ohnehin Marginalisierten, werden weiter aus dem Gesellschaftssystem herauskatapultiert, die Wirtschaft wird tiefer in die Rezession getrieben, Arbeitslosig- und die Persepktivlosigkeit steigen, und die wenn überhaupt dürftigen Wettbewerbsgewinne sind nicht geeignet, den über die “Reformpolitik” ausgelösten Einbruch der Inalndsnachfrage auszugleichen.

Offen lässt die Kanzlerin auch, wohin denn, wenn alle Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und auf Außenhandelsüberschüsse setzen, diese exportieren sollen; denn irgendjemand muss sich ja entsprechend verschulden und entsprechende Außenhandelsdefizite in Kauf nehmen. Dieser Gesichtspunkt schert die Kanzlerin und andere Beteiligte nicht. Augen zu und durch!

Ein alternativer Ansatz – wie vom französischen Präsidenten Francois Hollande auf dem EU-Gipfel ins Spiel gebracht – konnte sich nicht durchsetzen. Auch hierzu gibt der Deutschlandfunk die Meinung der Kanzlerin wieder:

“Für Frankreichs Präsident François Hollande war der Gipfel weniger erfolgreich: Er wollte gemeinsam mit Italien die EU-Defizitziele aufweichen, um nicht so streng sparen zu müssen. Das lehnte Merkel ab: ´Es ist in keiner Weise an irgendeine Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gedacht worden´, sagte sie.”

Ein weiterer Tag, ein weiterer EU-Gipfel, auf den man bei einem möglichen Scheitern des Euro als Wegmarke wird zurückblicken müssen.


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