Ende Januar beginnen die Tarifverhandlungen für die tariflich Beschäftigten der Länder. Achim Meerkamp schreibt in seinem Gastbeitrag für Wirtschaft und Gesellschaft über die Voraussetzungen, die tarifpolitischen Ziele von ver.di und die möglichen Konflikte bei den anstehenden Tarifverhandlungen.
In diesem Jahr laufen die Einkommenstarifverträge für etwa 12,5 Millionen ArbeitnehmerInnen aus – darunter die in der Stahl- und der Metallindustrie, bei der Post, im Groß- und Einzelhandel sowie für die Beschäftigten bei den Bundesländern (TV-L).
Während in den meisten Branchen die allgemeine wirtschaftliche und tarifpolitische Situation die Ausgangslage für die Tarifverhandlungen darstellt, weichen die Rahmenbedingungen für die Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) deutlich ab.
Mit etwas mehr als 600 Milliarden Euro haben die Steuereinnahmen in 2012 einen Rekordstand erreicht. Damit werden sie noch um 5,8 Milliarden Euro über der Schätzung von Mai 2012 liegen. Die Ausgangslage für die Tarifverhandlungen mit der TdL ab Ende Januar könnte also deutlich schlechter sein.
Und dennoch wäre es eine Illusion anzunehmen, die Verhandlungen würden deshalb ohne größere Konflikte verlaufen. Anders als 2012 werden die Einnahmen aller drei Gebietskörperschaften in diesem und dem kommenden Jahr nur noch geringfügig steigen. Zusätzlich planen Bund und Länder ihre Haushalte auf der Grundlage der Schuldenbremse bereits derzeit sehr restriktiv. Da gerade die Bundesländer die höchsten Personalausgaben aller drei Gebietskörperschaften haben (im Durchschnitt liegen sie bei 35 Prozent), werden die Länder in den Tarifverhandlungen versuchen, die Personalausgabensteigerungen zu begrenzen.
Mit dem Tarifabschluss vom März 2012 für Bund und Kommunen hat ver.di Entgeltsteigerungen durchsetzen können, die tarifpolitisch auch den Maßstab für die Länderbeschäftigten bilden: Zum 1. August 2013 beträgt der durchschnittliche Entgeltabstand zwischen den Tabellen des TVöD (Bund und Kommunen) und des TV-L (Länder) 3,6 Prozent.
Zusätzlich hat ver.di das Ziel, die mit Bund und Kommunen durchgesetzte Übernahmeregelung für Auszubildende nunmehr auch mit den Ländern zu vereinbaren. Angesichts der Tatsache, dass rund 20 bis 25 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den nächsten zehn Jahren altersbedingt ausscheiden, liegt es im Eigeninteresse der Länder, Auszubildende mindestens da unbefristet zu übernehmen, wo nach Bedarf ausgebildet wird.
Belastet werden die Verhandlungen mit der Kündigung der Urlaubsregelung durch die TdL und der Ankündigung, ab 1. Januar 2013 neu eingestellten Beschäftigten nur noch einen Urlaubsanspruch von 26 Arbeitstagen zu gewähren. Dies würde für die Beschäftigten eine Reduzierung um drei bis vier Tage bedeuten.
Eine prominente Rolle wird auch die Tarifierung der Eingruppierung von tariflich beschäftigten Lehrerinnen und Lehrern einnehmen. Nachdem es in den vorangegangenen Verhandlungen 2011 nicht gelungen war, zu einer für beide Tarifvertragsparteien akzeptablen Regelung zu kommen, haben sich die Gewerkschaften für die diesjährigen Verhandlungen vorgenommen, diesen Zustand zu beenden. Alle Gewerkschaften im öffentlichen Dienst sehen es als nicht mehr akzeptabel an, einer einzigen Berufsgruppe im öffentlichen Dienst tarifliche Eingruppierungsregelungen vorzuenthalten.
Sollte sich die Arbeitgeberseite in den am 31. Januar beginnenden Verhandlungen nicht auf die Gewerkschaften zu bewegen, werden die Beschäftigten öffentlich ihren Forderungen Nachdruck verleihen müssen, denn neben den speziellen Tarifgegenständen im öffentlichen Dienst, ist das Ziel der Lohnpolitik auch in 2013 klar: Die Entgelte müssen kräftig steigen.
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