Kriegslüsterne deutsche Zeitungen

Beim morgendlichen Lauf durch das Regierungsviertel und entlang der Spree hörte ich heute früh den Pressespiegel des Deutschlandfunks. Und der hatte es in sich. Hier einige Auszüge aus den dort zitierten deutschen Zeitungen zum Militäreinsatz in Mali:

“Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle ist immer schnell bei der Hand, etwas auszuschließen´,

stellt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER fest.

´Wieder einmal schließt er den Einsatz deutscher Kampftruppen aus, obwohl niemand nach solchen gefragt hat. Deutschland wirkt außenpolitisch völlig konzeptlos. Eigentlich schade für den FDP-Außenminister, dass es keine UNO-Abstimmung zu Mali gab. Er hätte sich mit einer Stimmenthaltung wieder vor einer Entscheidung drücken können´,

vermutet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.”

Da wird also der in Sachen Kampftruppen und in der damaligen Libyen-Frage zurückhaltende Außenminister scharf angegriffen und erhält dadurch fast die Aura eines Pazifisten. Glückwunsch, Herr Westerwelle! Der Deutschlandfunk meldet in seinen 9 Uhr Nachrichten, dass Westerwelle politische Bemühungen fordert und anmahnt.

Richtig kriegslüstern aber gibt sich erst die Süddeutsche Zeitung, die nicht weniger fordert, als dass Deutschland “seine Kultur der militärischen Zurückhaltung” aufgeben sollte:

“Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG moniert:

´Solidarität zeigt Deutschland nur dann gerne, wenn eine Gefahr real so wenig besteht wie bei der Patriot-Verschickung in die Türkei. Deshalb vollführt die Bundesregierung das Kunststück, die Franzosen einerseits zu loben und ihnen Solidarität zuzusichern, andererseits aber jedwede Beteiligung am Kampfeinsatz auszuschließen. Verteidigungsminister de Maizière hat oft betont, dass Deutschland seiner internationalen Verantwortung auch künftig werde gerecht werden müssen. Das aber wird nur dann möglich sein, wenn es seine Kultur militärischer Zurückhaltung nicht immer so versteht, dass andere Staaten militärische Aufgaben übernehmen und Deutschland sich zurückhält´,

unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.”

Auch die Frankfurter Rundschau sieht keine Alternative zum Krieg mit deutscher Beteiligung:

“Nach Ansicht der FRANKFURTER RUNDSCHAU kann die Bundesregierung ihre Position nicht durchhalten:

´Deutsche Transportflugzeuge vom Typ Transall sollen die Ecowas-Truppen unterstützen, deutsche Militärausbilder im EU-Auftrag die Armee Malis von Grund auf neu aufstellen. Was harmlos klingt, kann angesichts der instabilen Lage in dem Land rasch gefährlich werden. Deshalb wird die Bundeswehr selbstverständlich bewaffnete Soldaten nach Mali entsenden ? auch wenn Außenminister Guido Westerwelle mit Blick auf die Landtagswahl in Niedersachsen noch so sehr auf der Sprachregelung besteht, dass keine Kampftruppen geschickt werden. Jetzt sind ehrliche Aussagen der Regierung gefragt statt taktischem Geschwurbel´,

verlangt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.”

Die Südwest Presse scheint es fast zu bedauern, dass Deutschland noch nicht dabei ist und sich nur heran robbt, während andere längst das Feuer eröffnet haben.”

“Die SÜDWEST PRESSE entwirft folgendes Szenario:

´Nach dem Hindukusch und dem Meer vor Somalia wäre es der dritte Fall, der zeigt, wie sich der Auftrag der Bundeswehr von der Landesverteidigung zum Kampf gegen Kräfte wie Al-Kaida gewandelt hat. Wieder robbt sich Deutschland heran, während andere längst das Feuer eröffnet haben. Erst die Zusage, einheimische Kräfte auszubilden; dann das Versprechen logistischer Unterstützung; schließlich, falls die Bundeswehr entgegen aller Vorsätze in Scharmützel verwickelt wird, die staunende Erkenntnis: Hier herrscht Krieg.´

So sieht es die SÜDWEST PRESSE aus Ulm.”

Immerhin gibt es auch zwei Bedenkenträger in der Presseschau des Deutschlandfunks. Der eine ist die Freie Presse.

“Bedenken äußert die FREIE PRESSE aus Chemnitz:

´Berlin will Ausbilder im Rahmen der EU-Mission nach Mali schicken, Frankreich mit Logistik helfen und das Ganze finanziell unterstützen. Aber wen bilden die deutschen Soldaten da eigentlich aus? Sie werden in Mali mit einer Putsch-Regierung zusammenarbeiten müssen, der man unter normalen Umständen sicher nicht die Hand schütteln würde. Mit Demokratie und Menschenrechten hat das Regime nichts am Hut. Die europäische Bündnis-Solidarität fordert einen hohen moralischen Preis´,

urteilt die FREIE PRESSE aus Chemnitz.”

Der andere die Heilbronner Stimme:

“Und die HEILBRONNER STIMME hebt hervor:

´Es stellt kein Zeichen von Schwäche dar, wenn Deutschland den Franzosen zwar Hilfe zusagt, sich jedoch einem Kampfeinsatz verweigert. Zu viel ist schon schiefgegangen bei solchen überstürzten Missionen. Und einen dauerhaften Frieden haben sie noch niemals bewirkt.´

Das war die HEILBRONNER STIMME.”

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