Bündnis UmFAIRteilen: Dokumentation der Rede von Ursula Engelen-Kefer

Ursula Engelen-Kefer

Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von Ursula Engelen-Kefer, die sie gestern auf dem Aktionstag UmFAIRteilen in Berlin gehalten hat. Ursula Engelen-Kefer ist Vorsitzende des Arbeitskreises Sozialversicherung des Sozialverband Deutschland (SoVD) und Mit-Herausgeberin von Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung.

Liebe Mitstreiter,

wir durchleben in der Bundesrepublik und in Europa die größte Umverteilung von unten nach oben.

Was der Neoliberalismus in den vergangenen beiden Jahrzehnten beim Abbau des Sozialstaates nicht geschafft hat, erledigen jetzt eine „entgrenzte“ Finanzwirtschaft und unfähige wie korrupte Regierungen mit bislang ungekannter Brutalität.

Unsere Demokratie wird durch EU Gipfelbeschlüsse à la „Merkosy“ immer mehr in Frage gestellt.

Regierungen und Parlamente lassen sich zu Abnickmaschinen degradieren und missbrauchen.

Es ist höchste Zeit, die Verursacher und Nutznießer der Finanzkrisen zur Verantwortung zu ziehen.

Als Sozialverband Deutschland unterstützen wir das Bündnis Umfairteilen.

Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Vermögensabgabe.

Die Schere zwischen arm und reich geht weiter auseinander.

In den EU Krisenländern werden immer mehr Menschen in das Elend getrieben.

Wir hinterlassen bei unseren Kindern und Enkeln eine verlorene Generation.

Über die Hälfte der jungen Menschen sind in Griechenland und Spanien ohne Arbeit und Ausbildung.

Welche Zukunft hat die Europäische Integration, wenn inzwischen ein Viertel der jungen Europäer ohne Perspektiven sind.

Auch in der Bundesrepublik, dem derzeit wirtschaftlich stärksten Geberland in der EU,  nimmt die Spaltung der Gesellschaft zu.

Mit bald einem Viertel haben Niedriglöhne und Armut bei Arbeit sowie im Alter in wenigen Jahren Rekordwerte erreicht.

Gleichzeitig verfügen die reichsten 10 Prozent der Haushalte über mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens der Bundesrepublik; die gesamte untere Hälfte der Einkommensbezieher nur etwa ein Prozent.

Mit 7 Millionen Menschen ist fast ein Zehntel unserer Bevölkerung in der Armutsfalle von Hartz IV gefangen.

Unsichere Arbeitsverhältnisse nehmen drastisch zu: Junge Menschen werden oft nur noch befristet eingestellt;

Schlecker und Amazon sind nur die Spitze eines Eisbergs für die eklatanten Missbräuche bei der Leiharbeit; nicht existenzsichernde Werkverträge sowie Solo-Selbstständigkeiten sind auf dem Vormarsch.

Dies gilt keinesfalls nur für Ungelernte, sondern auch für Qualifizierte bis in die Bereiche von Kultur, Bildung und Wissenschaft.

Welche Zukunft hat ein gemeinschaftliches Europa, wenn die Bevölkerung von Krisen- und Gläubigerländern gegeneinander getrieben und die Demokratie durch die Troika aus Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds mit Füßen getreten wird.

Wir müssen die gigantische Verdummungspolitik in der Bundesrepublik und Europa stoppen:

Vorgeblich sollen die inzwischen billionenschweren Rettungspakete zu Lasten der Steuerzahler die Krisenländer retten;

In Wirklichkeit geht es um eine großangelegte Umverteilung zugunsten der Eigentümer, Gläubiger u.Top –Manager der Banken.

Wohlhabende und Reiche in ganz Europa schleusen ihr Vermögen immer ungenierter in Steueroasen innerhalb und außerhalb Europas.

Dabei sind es nur graduelle Unterschiede: ob es sich um die Steuerwäsche russischer Oligarchen in Zypern handelt, oder die Anlagen in den Oasen des Bankgeheimnisses von Lichtenstein, Luxemburg, Malta, Österreich oder der Schweiz.

Wie das Beispiel Zypern zeigt, sind die Kapitalverkehrskontrollen so löchrig wie ein Schweizer Käse und treffen – wie immer – nur die kleinen Sparer.

Auch die inzwischen Milliarden Euro schweren Rettungsaktionen für Griechenland, Portugal und Spanien könnten unterbleiben, wenn Steuerbetrug und Steuerflucht wirksam bekämpft würden.

Stattdessen wird den Arbeitnehmern und Rentnern in den Krisenländern das Fell über die Ohren gezogen.

Sie wissen nicht mehr, wie sie die Lebensexistenz für sich und ihre Familien sichern sollen.

Die Unfähigkeit und Korruption von Regierungen hat jetzt das Verfassungsgericht in Portugal entlarvt.

Und dieser verantwortungslosen und ungerechten Politik des Sozialabbaus einen Riegel vorgeschoben.

Nach den bisherigen Reaktionen der Portugiesischen Regierung werden jedoch nicht die Wohlhabenden und Reichen zu ihrer finanziellen Verantwortung gezogen.

Vielmehr sollen Sozialabbau und soziale Ungerechtigkeit weiter vorangetrieben werden.

Auch in der Bundesrepublik sind bereits gravierende Kürzungen zu Lasten von Arbeitslosen und Kranken auf den Weg gebracht. Weitere schmerzliche Einschränkungen sollen bei den Leistungen der Kommunen für sozial schwache und behinderte Menschen folgen.

Überfällig ist die Besteuerung hoher Vermögen. Natürlich müssen die kleinen Sparer durch ausreichende Freibeträge geschützt werden.

Wir brauchen dringend mehr Mittel für die Versorgung mit kommunalen Dienstleistungen; die Verbesserung von Renten im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Gesundheitsversorgung und Pflege.

Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit sowie für die Arbeitsmarktpolitik müssen wieder erhöht werden.

Notwendig ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, von Kitas und Ganztagsschulen.

Eine europaweite Abgabe auf große Vermögen ist erforderlich, um die Lasten der Finanzkrise solidarisch zu finanzieren.

Vermögende vor allem Gläubiger, Eigentümer sowie Topmanager der Finanzinstitute waren und sind Hauptprofiteure der Rettungspakete.

Sie müssen an den Krisenkosten angemessen beteiligt werden.

Steuerschlupflöcher müssen verschlossen und Steuerbetrug sowie Steueroasen wirksam bekämpft werden.

Diese Anforderungen werden wir in die Politik der Bundesrepublik einbringen – sei es mit Unterschriftenaktionen, Menschenketten, Flashmobs oder sonstigen Aktivitäten auf allen Ebenen.

Fortsetzen werden wir ebenfalls unsere öffentlichen Demonstrationen und Protestaktionen.

An diesen Forderungen werden wir die Parteien und ihre Kandidaten messen, die sich am 22. September für ein Bundestagsmandat bewerben.

Und auch danach werden wir unsere Forderungen in die Regierungsverhandlungen und deren politische Umsetzung einbringen.

Wir zeigen heute: Das Bündnis Umfairteilen wird sich mit aller Kraft zur Umkehr in der Politik und Sicherung unseres Sozialstaates einsetzen.

 

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.


Dieser Text ist mir etwas wert


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