Ja, jetzt sind sie alle aus dem Häuschen. Die großen Weltökonomen haben sich verrechnet. Das freut den kleingeistigen Journalisten genauso sehr wie den Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman, wenn man Spiegel online glauben darf. Viel entscheidender als ein Rechenfehler – das kann jedem passieren (außer mir natürlich*) – ist jedoch der Denkfehler und die fehlende Logik. Manchmal, vielleicht sogar häufig, können Denken und Logik, der gesunde Menschenverstand, einen vor solch fatalen Rückschlüssen bewahren, die Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart wohl unterlaufen sind. Manchmal ist die Logik sogar so sicher, dass, wenn die Zahlen zu einem anderen Ergebnis führen, eben die Zahlen falsch sein müssen (sic!). Dann muss man halt erneut ran und rechnen und prüfen und nachdenken, sich der Daten und der Logik vergewissern.
1. Eine beliebige Korrelation sagt natürlich noch nichts über einen ursächlichen und zeitlichen Zusammenhang aus. Es kann purer Zufall sein. Um den Zufall auszuschließen, benötigt man Theorie, die einem hilft, ein Ergebnis zu deuten.
2. Die Logik von Einnahmen und Ausgaben in der Ökonomie hätte Rogoff und Reinhart bereits vor ihrem Irrtum bewahren können, wenn sie denn tatsächlich – man mag es kaum glauben – den ursächlichen Zusammenhang von Staatsschuldenquote und Wirtschaftswachstum herstellten und auch noch dazu nutzten gegen “Ausgabenprogramme zu wettern”. Der einfache Satz, dass die Ausgabenüberschüsse des einen die Einnahmeüberschüsse der anderen oder eines anderen sein müssen, ohne die beide schlichtweg nicht zustande kommen können, hätte sie in eine andere Richtung lenken müssen, genauso wie der Gedanke, dass, wenn sich alle Wirtschaftsakteure aufgrund der Krise mit Ausgaben zurückhalten und es ihnen auch noch der Staat gleichtut, die wirtschaftliche Aktivität immer weiter zurückgehen muss und mit ihr schließlich auch die Einnahmeseite des Staates, während die Ausgaben aufgrund steigender Arbeitslosigkeit weiter steigen müssen. Aber, so ist es wohl bei Rogoff, noch mehr aber bei deutschen Ökonomen zu attestieren: Die Ideologie gewinnt halt allzu häufig die Oberhand bei den Ökonomen. Und weil nun einmal bei den meisten Ökonomen Staatsschulden per se Teufelszeug sind, kann halt nicht sein, was nicht sein darf.
Die Staatsschuldenquote hängt schließlich – geradezu umgekehrt zu den Überlegungen Rogoffs und Reinharts – selbst vom Wirtschaftswachstum ab. Erhöht ein Staat – zumal in der Krise - die Ausgaben gegenüber den Einnahmen, bildet er einen spürbaren Ausgabenüberschuss (verschuldet er sich also!), regt dies unmittelbar das Wirtschaftswachstum an, weil dieser Ausgabenüberschuss unmittelbar nachfragewirksam wird: Die Unternehmen, die die Mehrausgaben in Form von Aufträgen erreichen, oder die privaten Haushalte in Form von höheren Löhnen, haben in Folge der staatlichen Mehrausgaben mehr Einnahmen – und geben in der Regel dann auch mehr aus. Konsum und Investitionen steigen und mit ihnen die wirtschaftliche Aktivität. Mit ihr steigen auch die Steuereinnahmen und die Ausgaben für Arbeitslosigkeit sinken. Wir haben dies gerade vor wenigen Tagen versucht unter Rückgriff auf einen bedeutenden, aber leider weitgehend in Vergessenheit geratenen Ökonomen deutlich zu machen: Keine Frage nach Henne und Ei: Was führt aus der Krise? Der private Unternehmer oder der Staat?
*Vorsicht: Selbstironie!
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Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.
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