Manchmal ist Spiegel online doch auch zu etwas gut. Man bekommt hier und da etwas mit, was einem sonst vielleicht entgangen wäre. Ein besserer Nachrichtenticker halt, nicht viel mehr, aber eben auch nicht weniger. Und welchem ehrlichen und sozialen Menschen, vielleicht sogar Sozialdemokraten, würde diese Meldung nicht das Herz höher schlagen lassen?
“SPD-Kanzlerkandidat: Miserable Umfragewerte für Steinbrück”. Dabei hat er doch gar nichts gesagt. Doch gestern wieder – doch dazu an anderer Stelle mehr -, aber das kann ja schwerlich noch in die Umfrage eingegangen sein. Na, sonst wäre das Stimmungsbarometer vielleicht noch tiefer gefallen. Die Rede ist vom aktuellen Deutschlandtrend. Und den finde ich – bei aller Skepsis gegenüber Umfragen und noch mehr gegenüber einer Politik, die sich nur noch an Umfragen orientiert – bemerkenswert.
1. Steinbrück erreicht Umfragetief. Das finde ich, der sich lieber heute als morgen (Morgen ist ja seit langem das große Thema der SPD; Agenda 2010, Agenda 2020, Demografie…) eine soziale, ich würde sogar soweit gehen zu sagen, sozialdemokratische (nicht im parteipolitischen Sinne zu verstehende) Politik wünscht, nun wirklich erfreulich. Gerade gestern unterhielt ich mich mit einem jungen Juso darüber, dass der Coup – und mehr ist es de facto nicht – der SPD gelingen könnte, mit sozialer Gerechtigkeit zu punkten, die sie neuerdings wieder im Munde führt – ohne es sich nehmen zu lassen, zehn Jahre Agenda 2010 ausgiebig, ja geradezu überschwänglich zu feiern und zu loben (auch in ihrem Bundestagswahlprogramm!). Und welcher gleich oder ähnlich Gesinnte würde es da nicht begrüßen, dass zumindest bis jetzt dieses Täuschungsmanöver bei der Bevölkerung nicht verfängt. Toi toi toi!
2. Bleiben wir vorerst noch bei den positiven Ergebnissen: “Schlusslicht ist weiterhin FDP-Chef Philipp Rösler.”
3. Die SPD verliert auch als Partei einen Punkt von den ohnehin nicht eben vielen. Nun gut, das sollte man nicht überbewerten. Aber es zeigt zumindest, dass die SPD nicht nur mit Steinbrück ein Problem hat, sondern auch als Partei. Und man gucke sich doch einmal zum Beispiel den Bundestagswahlkampf der SPD hier in Berlin an. Da machen doch tatsächlich SPD-Kandidaten mit Sprüchen wie diesen auf: “Für bezahlbare Wohnungen in der Stadt”. Hat da jemand gelacht? Liebe Zyniker, das ist aber nun wirklich nicht lustig. Aber Sie haben natürlich Recht mit der Frage: Wie lange regiert Klaus Wowereit (SPD) jetzt Berlin?
4. “Drei Viertel der Deutschen glauben an Zuspitzung der Euro-Krise: Nach der Erhebung sind 75 Prozent der Ansicht, ´der schlimmste Teil der Euro- und Schuldenkrise steht uns noch bevor”. Damit beweist die Bevölkerung deutlich mehr Realitätssinn als Regierung und Opposition zusammen.
5. Realitätsfern erscheint mir allerdings dieses Ergebnis:
“65 Prozent sind der Meinung, ´Angela Merkel hat in der Euro-Krise richtig und entschlossen gehandelt´. 50 Prozent finden es ´richtig, dass Anleger und Sparer in Zypern Teile ihres Geldes abgeben müssen”. Nur ein Drittel der Deutschen (33 Prozent) glaubt, ´die Bundesregierung denkt bei der Euro-Rettung zu wenig daran, wie es den Menschen in den Krisenländern geht´.”
Für diese in meinen Augen Fehleinschätzung dürften jedoch maßgeblich die deutschen Einheitsmedien und der politische Einheitsbrei verantwortlich zeichnen. Wer soll da auch noch durchblicken, wenn selbst kritische Journalisten wie Harald Schumann vom Berliner Tagesspiegel nichts anderes zu tun hat, als penetrant diese Frage zu stellen: Wohin fließt das Geld wirklich? Man stelle sich einmal vor, mit ähnlicher Medienmacht wären die letzten Wochen, Monate und Jahre die Massenarbeitslosigkeit, die Leistungsbilanzungleichgewichte, das deutsche Lohndumping und Alternativen hierzu diskutiert und verbreitet worden!
6. Doch schnell wieder zu einem weiteren positiven Ergebnis, nach dem die über Jahre geschürte und manipulierte Angst vor zu hohen Steuern nicht länger zu verfangen scheint:
“Mehrheit will Steuern für höhere Einkommen anheben.”
7. Geradezu euphorisch reagiere ich auf diese Nachricht:
“Türkische Medienvertreter sollen bei NSU-Prozess Plätze erhalten: Zwei Drittel der Deutschen wollen, dass den Mitte April beginnenden Prozess gegen die NSU auch türkische Medienvertreter im Gerichtssaal verfolgen können. 70 Prozent finden, das Gericht sollte sicherstellen, dass Vertreter türkischer Medien auf jeden Fall im Gerichtssaal vertreten sind.” Wir berichteten.
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