Deutschlandfunk/Gregor Gysi/Drohnen/KalterKrieg: DLF-Moderator outet sich als krasser und geschichtsvergessener Ost-West-Ideologe

Hätte Christoph Heinemann, Moderator der Sendung Informationen am Morgen des Deutschlandfunks und Leiter der Abteilung Aktuelles, so auch die Bundeskanzlerin interviewt? Wohl kaum. Interviewt hat er jedenfalls Gregor Gysi, seines Zeichens Fraktionsvorsitzender der Linken im Deutschen Bundestag. An sich ging es um den Verteidigungsminister und das “Drohnen Debakel”. Während Gysi sich betont zurückhaltend und sachlich gab, ging Moderator Heinemann der Pazifismus Gysis ganz offensichtlich gewaltig gegen den Strich – so gewaltig, dass er, vielleicht ja nicht ganz unvorbereitet, Gysi mit dem “durchmilitarisierten DDR-Staat” (Heinemann) konfrontierte und sich so als krasser geschichtsvergessener Ost-West-Ideologe outete. Während Heinemann über diesen irrwitzigen historischen Schlenker explizit, wenn auch vergeblich, darauf abzielte, die Glaubwürdigkeit von Gysis Rüstungskritik in Frage zu stellen, ist es wohl nicht zu weit hergeholt, den journalistischen Verstand des Moderators in Frage zu stellen. Vielleicht nicht überflüssig anzumerken, dass ich, hätte Heinemann statt Gysi die Bundeskanzlerin interviewt, dies genauso aufgegriffen hätte.

Hier der Gesprächsauszug:

Heinemann: Wollen Sie Terroristen mit Panzern bekämpfen?

Gysi: Nein. Ich will Terroristen dadurch bekämpfen, dass ich ihnen die Grundlage entziehe, indem ich eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung schaffe, Ernährungsprobleme löse, den ganzen Hass abbaue, einen neuen Dialog zwischen Religionen und Kulturen führe. Das scheint mir das Wichtigste zu sein. Glauben Sie im Ernst, dass wir die Probleme der Menschheit mittels Krieg lösen? Was haben wir denn in Afghanistan verbessert? Schauen Sie sich doch mal die Situation in Afghanistan an. Wir haben über zehn Milliarden ausgegeben und es ist für die Bevölkerung so gut wie nichts herausgekommen. Da, glaube ich, müssen wir einfach mal über eine neue Logik unserer Politik sprechen.

Heinemann: Der Friede muss bewaffnet sein. Herr Gysi, den Spruch kennen Sie doch noch von früher.

Gysi: Ja, der war damals schon falsch. Aber da gab es noch so ein klares Gegenüber von Ost und West und das war ein Kalter Krieg, wo ja ein Heißer verhindert wurde. Aber seit 1990 werden täglich Kriege üblicher. Verstehen Sie? Man sagt, na ja, wenn es nicht anders geht, ob Libyen oder so, marschieren wir eben ein – zum Glück nicht immer Deutschland, aber andere. Oder auch Deutschland und Irak: Was haben wir im Irak erreicht? Gut: Der eine Diktator ist weg und jetzt sterben täglich durch Terroranschläge zig Leute.

Heinemann: Das gab es aber auch schon früher, Herr Gysi.

Gysi: Weiß ich!

Heinemann: Als Sie noch in dem durchmilitarisierten Staat DDR lebten, sind ähnliche Einwände von Ihnen und anderen SED-lastigen Linkspolitikern ja nicht aktenkundig geworden, um es mal vorsichtig auszudrücken. Wie glaubwürdig ist Ihre Rüstungskritik heute?

Gysi: Zumindest war ich nicht bei der Armee zum Beispiel, schon weil ich davon nichts hielt, und das war kein leichter Akt.

Heinemann: Ja Sie konnten es sich vielleicht erlauben, im Gegensatz zu anderen.

Gysi: Nein, umgekehrt! Weil ich einen eher prominenten Vater hatte, sollte ich unbedingt drei Jahre gehen. Das war ein bisschen anders gestrickt. Aber es macht nichts, dass Sie das nicht wissen.

Heinemann: Aber Sie konnten trotzdem studieren?

Gysi: Ja. Das hatte wiederum andere Gründe. Es spielten gesundheitliche Dinge und sonst was alles eine Rolle.

Heinemann: Das wirft Ihnen keiner vor. Es geht jetzt um die Frage, wie glaubwürdig ist da Ihre Rüstungskritik heute.

Gysi: Passen Sie auf: Es ist doch ein Unterschied, eine Rüstung, die letztlich dazu diente im Kalten Krieg, obwohl man das heute auch alles bezweifeln muss, dass gegenseitig letztlich keine Angriffsfähigkeit vorlag, weil der Gegenschlag so stark gewesen wäre, dass die beiden Supermächte, sage ich mal, damals USA und Sowjetunion, das verhindert haben. Das war doch so eine Art Status, wo Kriege verhindert wurden, mit Ausnahme Vietnam, mit Ausnahme Afghanistan durch die Sowjetunion und so. Da gab es diese Einzugssphären, wo man sagte, da dürft ihr, aber sonst dürft ihr nicht etc. In Europa etc. war damals ein Krieg glücklicherweise kaum möglich. Und jetzt haben wir doch eine völlig neue Situation. Es geht ja nicht mal in erster Linie um Rüstungsfragen, sondern es geht inzwischen um Kriege, und die Bundesrepublik Deutschland nimmt erst seit 1990 an Kriegen teil. Vor der Vereinigung war das undenkbar, sowohl durch die DDR als auch durch die Bundesrepublik. Da hat sich die Einstellung geändert und mit dieser Änderung der Einstellung ist verbunden, dass man ernsthaft glaubt, mittels Kriegen die Probleme der Menschheit lösen zu können, und daran glaube ich nicht. Daran habe ich übrigens auch vor 1990 niemals geglaubt.

Das vollständige Interview: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/2118526/

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.


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