Kriminalstatistik: Allgemeine Aufregung über steigende Zahl der Wohnungseinbrüche – Spiegel der ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse?

Seit gestern macht die Schlagzeile von gestiegenen Wohnungseinbrüchen (+8,7%) die große Runde. Ursachenanalyse: Fehlanzeige.

So meldete beispielsweise der Deutschlandfunk:

“Samstag, 11. Mai 2013 10:00 Uhr

Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland um mehr als 8 Prozent gestiegen

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland hat nach offiziellen Angaben deutlich zugenommen. Im vergangenen Jahr seien es mehr als 144.000 und damit ein Anstieg um 8,7 Prozent gewesen, berichtet die Zeitung “Welt am Sonntag”. Das Blatt beruft sich auf die Polizeiliche Kriminalstatistik, die Bundesinnenminister Friedrich am kommenden Mittwoch vorstellen will. Gestiegen sei auch die Zahl der Raubüberfälle in Wohnungen, und zwar um 3,9 Prozent auf gut 3.000. Die Aufklärungsquote sei um ein halbes Prozent auf 15,7 Prozent zurückgegangen. Für die Gesamtkriminalität liege dieser Wert bei mehr als 54 Prozent. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Schulz, sagte der Zeitung, die Täter gingen weiterhin glücklichen Zeiten entgegen. Ein Grund dafür seien Personaleinsparungen bei der Polizei.”

Was die gestiegene Zahl der Einbrüche anbelangt, dachte ich sogleich: Das ist doch nur die logische Konsequenz einer zunehmend in arm und reich auseinanderdriftenden Gesellschaft, wie wir sie beispielsweise auch aus wirtschaftlich nicht so weit entwickelten Ländern mit großen Einkommensunterschieden kennen. Dazu passt auch die Meldung der Welt, dass die Täter immer brutaler vorgingen. Und, dass es in Berlin beispielsweise “immer öfter wohlhabende Menschen” trifft: “In der Extra-Rubrik ´Villa/Einfamilienhaus´ steht ein satter Zuwachs von 32 Prozent.”

Gestützt wird dieser Vergleich – was die Ignoranz gegenüber den sozialen Verhältnissen anbelangt, die diesen Zahlen ja evtl. zugrunde liegen – auch von der Polizeigewerkschaft, die in diesem Zusammenhang nichts mehr zu sorgen scheint, als das Portemonnaie der Hauseigentümer: “Angesichts der steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen fordert die Gewerkschaft der Polizei steuerliche Anreize für den Einbruchschutz. Während Vermieter Investitionen in die Sicherheit bei der Steuererklärung absetzen könnten, blieben die Besitzer von Eigenheimen weitgehend auf den mitunter hohen Kosten sitzen, sagte GdP-Chef Witthaut der ´Welt am Sonntag´.” Meldete der Deutschlandfunk heute früh.”

Werden also demnächst hohe Mauern, Stacheldraht, Alarmanlagen und privater Wachschutz von allen Steuerzahlern bezahlt, während bei der Polizei weiter gespart wird? Und soll das ein Ersatz für eine Ursachenanalyse und -bekämpfung sein, die doch danach fragen müsste, warum sich, nicht nur bei Einbrüchen, eine zunehmende Verrohung in der Gesellschaft breit macht, und wo die Verrohung anfängt, zum Beispiel bei einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass immer mehr Menschen durch das allzu grobmaschig gewordene soziale Netz fallen und nicht länger am gesellschaftlichen Leben teilhaben, dass seit Jahren schon zig tausende Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen, und dass sich gleichzeitig einige Wenige hemmungslos bereichern und auch noch – von der Politik nicht nur dazu befähigt, sondern auch hofiert – als gesellschaftliche Vorbilder dienen?

Ist ja nur eine Frage!

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.


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