Wir berichteten heute bereits über das, was als neu verkauft wird, aber gar nicht neu ist: Angela Merkels FDJ-Vergangenheit. Wenn ich mich recht erinnere – und um das Erinnern geht es ja auch in der hier behandelten Frage – soll Helmut Kohl einmal sinngemäß gesagt haben, dass er sich nicht über die Vergangenheit der Menschen in der DDR stellen könne; er wüsste schließlich nicht, was aus ihm geworden wäre, wäre er in der DDR groß geworden. Dabei ging es ihm sicherlich nicht darum, die DDR und die politisch Verantwortlichen zu verharmlosen. Darum soll es hier auch nicht gehen. Jetzt aber hat sich der große Sozialdemokrat – was auch immer das heutzutage heißen mag -, Ralf Stegner, lautstark zu Wort gemeldet und der Welt gesagt:
“Frau Merkel muss erklären, welche politische Funktionen sie in der DDR innegehabt hat. All das liegt ja nicht 100 Jahre zurück.”
Das klingt ja schon fast nach DDR. Und natürlich liegt es nicht 100, sondern 30 Jahre zurück. Ralf Stegner aber, ich habe gerade einmal kurz nachgeschaut, kann sich nicht einmal daran erinnern, was er vor drei Jahren gesagt hat. So sagte er 2010 gegenüber der Süddeutschen Zeitung:
“Man kann ja auch nicht sagen, die Linkspartei ist für die nächsten zwanzig Jahre tabu.”
Gegenüber dem Schwäbischen Tagblatt aber sagte er am 20. April 2013:
“Das Ziel bleibt, dass es links von der SPD auf Dauer keine Partei in den Parlamenten gibt.”
Das mit dem Erinnern ist also so eine Sache, jedenfalls für Ralf Stegner.
Was aber noch viel mehr bzw. eigentlich stört, ist die geschichtsvergessene Überheblichkeit dieses SPD-Politikers, dessen Partei – und er selbst wahrscheinlich auch – nun wahrlich nicht dazu neigt, aufmüpferisches Verhalten und Widerspruch in den eigenen Reihen zu fördern oder auch nur auszuhalten. Und das bei unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Darüber sollte der politische Piefke Ralf Stegner einmal nachdenken, auch wenn diese Eigenschaft ganz offensichtlich nicht zu seinen Stärken zählt.
Dazu passt schließlich auch sein Drang Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wenn es auch noch so falsch war und ist:
“Merkel habe sich auch deshalb zu den Berichten zu äußern, ´weil die CDU mit Leidenschaft die DDR-Vergangenheit anderer Menschen thematisiert und skandalisiert hat”, sagte Stegner der Welt.
Und natürlich ist sich Stegner auch nicht zu Schade dafür schadenfroh die “Unzeit” zum Bundestagswahlkampf zu bemühen, zu der das Thema Merkel erreiche.
Mit all dem verrät Stegner mehr über sich und sein Verständnis von Politik als über Merkel.
Warum ärgert mich das bloß so, wo ich doch inhaltlich an der Bundeskanzlerin nun wahrlich kein gutes Haar lassen kann? Unterschiedliche Meinungen über Inhalte sind eben etwas anderes als inhaltsleere Meinungen. Das muss es sein. Hätte Stegner sich zum Beispiel mit den katastrophalen Überlegungen Merkels zur Demografie heute auseinandergesetzt und eine Alternative aufgezeigt, das wäre natürlich etwas gewesen. Es hätte mich allerdings auch positiv überrascht.
—
Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.
Dieser Text ist mir etwas wert
|
|