Staatsschulden/neue Studie: “Wirtschaftsweiser” blendet zentrales Moment der Staatsverschuldung aus

Klar, dass das der FAZ gefällt: “Eine neue Studie von drei Ökonomen des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg unter Leitung des Wirtschaftsweisen Lars Feld kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschlands Staatsfinanzen schon seit Jahrzehnten nicht mehr nachhaltig sind und dringend konsolidiert werden müssen”, leitet Philip Plickert seinen Bericht ein. Als ob die FAZ und das Walter Eucken Institut hierfür noch eine weitere oder überhaupt eine Studie benötigt hätten. Das wussten sie doch schon immer. Aber irgendwie und mit irgend etwas müssen die mit öffentlichen, also Steuergeldern geförderten Institute ja auch beschäftigt werden. Dass sie dabei konsequent ihrer Ideologie folgen und auf staatliche Förderung verzichten, darauf würden die hohen Herren des Eucken Instituts natürlich nie kommen. Bevor wir uns der Studie und ihrem zentralen Manko zuwenden, verweilen wir noch einen Augenblick bei der Berichterstattung durch Philip Plickert.

Zurecht verweist er auf die interessante Datenlage, auf die die Studie zurückgreift. Umso erstaunlicher, dass Plickert zwar mit dem Jahr 1871 beginnt und die Entwicklung bis zur Währungsreform 1923 nachzeichnet, dann aber nahtlos – nahtlos! – zur nationalsozialistischen Kriegsführung übergeht. Plickert überspringt also mir nichts dir nichts die Epoche – grenzen wir sie für den Zeitraum 1927 bis 1933 ein -, die entscheidende Lehren für die heutige Krisenbewältigung bereit hält. Es war die Zeit, deren wesentliche wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Züge der Historiker Hans Mommsen in seinem Standardwerk zur Weimarer Republik unter der Überschrift “Regierung in der Krise” analysiert hat, und die selbst im nicht-wissenschaftlichen Bereich auch aktuell immer wieder mit der Politik des Reichskanzlers Brüning in Verbindung gebracht wird, der auf radikale Ausgabenkürzungen und Wettbewerbsfähigkeit im Export setzte und damit das damalige Deutsche Reich immer tiefer in Deflation und Massenarbeitslosigkeit stürzte, die schließlich einen wesentlichen Nährboden für Hitlers Machtergreifung bildeten.

Das aber wollen Ökonomen des Eucken Instituts und Wirtschaftsredakteure wie Plickert wohl nicht unter dem Gesichtspunkt “nachhaltiger Staatsfinanzen” untersuchen und bewerten.

Den Aufhänger der Studie wie auch für die Berichterstattung Plickerts bildet die Eurokrise, die die Autoren freilich immer noch als Staatsschuldenkrise betrachten. Plickert: “Verglichen mit der düsteren Finanzlage vieler Euroländer erscheinen Deutschlands Staatsfinanzen günstig. Doch eine Studie zeigt: Die Schuldenquote von über 80 Prozent ist so hoch wie noch nie in Friedenszeiten.” Und in der Studie selbst, der wir uns im Folgenden zuwenden, ist bereits in der vorangestellten Zusammenfassung zu lesen:

“Die europäische Schuldenkrise hat zu einer grundsätzlichen Neubewertung der Nachhaltigkeit öffentlicher Schulden und der sich anbahnenden Gefahr von Staatsbankrotten geführt.” (The European debt crisis has prompted a fundamental re‐evaluation of public debt sustainability and the looming threat of sovereign debt default.)

Ein zentrales Moment der Staatsverschuldung blendet die Studie des ideologielastigen Walter Eucken Instituts bei ihrer Analyse und Bewertung jedoch aus… Staatsschulden/neue Studie: “Wirtschaftsweiser” blendet zentrales Moment der Staatsverschuldung aus (vollständiger Beitrag nur im Abonnement)

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