Jugendarbeitslosigkeit: Freizügiger Zwang – Ursula Weidenfeld (Tagesspiegel) findet das richtig

“Die Wahrheit ist: Es werden weder zwanzig noch acht noch sechs Milliarden Euro gebraucht. Hohe Geldbeträge dienen in Europa zwar als politische Signalflaggen dafür, wie ernst ein Thema genommen wird. In diesem Fall aber vermitteln sie das falsche Signal. Sie ermutigen die jungen Arbeitslosen, zu Hause zu warten. Für die Jugendlichen in Südeuropa aber gibt es nur einen erfolgversprechenden Weg”, meldet die sicherlich sozial gut abgesicherte Ursula Weidenfeld aus der Redaktionsstube des Tagesspiegel am Sonntag in einem “Zwischenruf zu…Arbeitslosigkeit”.

Und welcher Weg das ist, verrät sie auch unmittelbar daran anknüpfend:

“Es ist der Weg, den junge Polen, Litauer und Iren seit Jahren gehen. Sie arbeiten in anderen Ländern Europas, wenn der heimische Arbeitsmarkt nichts hergibt.”

Unrecht hätten dagegen diejenigen, die kritisierten, “dass Jugendliche aus Griechenland, Spanien oder Portugal gezwungen seien, ihr Land zu verlassen, um woanders Arbeit oder Ausbildung zu finden.”

Denn, so Ursula Weidenfeld weiter, ist das etwa “nicht das, was mit Freizügigkeit in Europa einmal gemeint war?”

Und was Jugendliche dürfen sollen und was nicht weiß die mit diesem Freizügigkeitsbegriff ausgestatte Person natürlich auch:

“Überhaupt: Jugendliche. Die Mehrheit der jungen Arbeitslosen im Süden Europas hat das Alter von 20 Jahren deutlich überschritten. Niemand will 16- oder 17-jährige dauerhaft aus ihrer Heimat in den kalten Norden locken. Warum aber sollen 22- oder 26-jährige Südeuropäer andere Erwartungen an Europa haben dürfen als Jugendliche aus anderen Ländern? Die jungen Polen und Iren sind die Vorbilder, an denen sich Europa orientieren sollte.”

Nach Weidenfelds Verständnis war die Auswanderung der zwei Millionen Iren nach der von der Kartoffelfäule ausgelösten Hungersnot (1845-1852) sicherlich auch bereits ein erstes Beispiel moderner Freizügigkeit. Ist die andere Million, der diese Auswanderung nicht gelang, so verstanden damals gar zurecht verhungert?

Interessant auch, dass eine ausgebildete Volkswirtin und Wirtschaftsjournalistin meint, Arbeitsplätze hätten nichts mit Geld ausgeben zu tun. Der Tagesspiegel sollte Frau Weidenfeld gleich morgen von der Gehaltsliste streichen. Setzt das Gehalt an sie doch nur das falsche Signal, das Weidenfeld ermutigt, in der Redaktionsstube zu warten und sich verpflichtet zu fühlen, auch weiterhin solch unsäglich dummen Zwischenrufe abzusetzen.

Ursula Weidenfeld ist übrigens Trägerin des Ludwig-Erhard-Preises. Wie weit man es doch in Deutschland mit einer den herrschenden Eliten dienenden Kaltschnäuzigkeit bringen kann. Immerhin drückt sie damit ehrlich aus, was diese unter Freizügigkeit schon immer verstanden haben: das Spuren der Arbeitnehmer, das eben auch beinhaltet, sich eine neue Existenzgrundlage über Landesgrenzen hinweg suchen zu müssen, nachdem eben jene Eliten mit einer falschen Ideologie und einer auf dieser basierenden, rücksichtslosen und menschenfeindlichen Politik die Existenzgrundlage jener Arbeitnehmer, die jetzt arbeitslos sind, auf absehbare Zeit zerstört haben.

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.


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