Manfred Maurenbrecher – Florian Mahler: Arbeit muss sich wieder lohnen (Lied, Video)


Gestern einmal wieder auf dem Land. Drei Stunden für eine Strecke, die sonst etwa eine Stunde dauert. “Personalschaden”, lautet die Durchsage der Bahn, und wir wissen alle, was passiert ist. War es vielleicht ein Hartz IV-Empfänger? Vielleicht aber auch genau umgekehrt: So ein richtig Reicher, der plötzlich registrierte: Verdammt, jetzt habe ich mir dieses riesige Vermögen ergaunert und bin immer noch nicht glücklich. Und Tschüss. Ich muss an das Lied “Naumburg” von Manfred Maurenbrecher denken. Es dauert, bis der Schienenersatzverkehr in Bernau eintrifft. Auch schickt die Bahn zunächst nur einen Bus, der natürlich niemals alle gestrandeten Passagiere aufnehmen kann. Die Menschen drängeln sich in den Bus. Ich sehe zu, wie sie sich hineinquetschen. Vielleicht hätte ich es auch versucht, wenn ich nicht meine vierbeinige Kollegin Hilka dabei gehabt hätte. Was wird hier eigentlich los sein, wenn wir eine wirkliche Katastrophe erleiden? Wie werden dann wohl die Menschen reagieren, miteinander umgehen? Vielleicht hätte es schon gereicht, wenn es geregnet hätte, und die Leute wären richtig in Panik geraten, wer weiß. Besser nicht daran denken. Zum Glück meint es die Sonne gut mit uns. Und warten. Was dem Engländer sein Tee, ist dem Deutschen seine Bahn. Abwarten und Bahn fahren. Bahn fahren und abwarten. Schließlich kommt ein zweiter Bus und bringt die verbliebenen und entspannt gebliebenen Passagier nach Eberswalde. Dort heißt es wieder warten. Diesmal auf den Zug von Eberswalde nach Angermünde. Wie schnell doch aber letztlich drei Stunden vergehen können. Wenn man nur etwas zu tun hat. Ich habe meinen Rechner herausgeholt und erstelle ein paar Graphiken für meinen nächsten Beitrag. Ich könnte den Passagieren auch ein Lied singen. Meine Gitarre habe ich dabei. Aber für so etwas muss die Stimmung da sein. Das spürt man. Da hätte schon jemand etwas gesagt, neugierig geguckt oder mir einen auffordenden Blick zugeworfen. Doch die meisten waren glaube ich schon am Ziel. In Gedanken natürlich nur. Immer ihrer Zeit voraus. Und irgendwann bin dann auch ich am Ziel und werde herzlich von Manfred Maurenbrecher in Empfang genommen.

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Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.

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Erstmal eine Runde schwimmen. Es ist Sommer. Nach etwa zwanzig Minuten zu Fuß durch einen gesunden Mischwald, sehen wir den Parsteiner See. Majestätisch ruht er vor uns. Den bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Vergangenes Jahr hat es mal ein Orkan versucht. Einige Bäume um uns herum erzählen noch davon. Sattes Grün am Uferrand, rund um den großflächigen See flörtet mit ihm, scheint ihm zu gefallen zu suchen. Übermütig wirft es alle ihr möglichen Farbtöne auf seine Haut. Die spiegelklare Wasserfläche tut dem Grün den Gefallen und scheint alle Farben gierig aufzusaugen und verspielt zurückzuwerfen. Nur fern, seitlich am anderen Ufer, ist ein Häuschen zu sehen. Kein Motorengeräusch. Nichts. Ruhe. Stille. Eine versteckte Badestelle. Seicht geht es ins glasklare Wasser. Fische – deren lateinischer Name mir gerade nicht einfällt – schwimmen um meine Füße. Hilka, meine vierbeinige Kollegin, wirft sich ins kühle Nass. Wo wir noch lange stehen können, muss sie schon beginnen zu schwimmen. Ich passe auf, dass sie sich nicht zu sehr verausgabt. Gerade ein jahr ist sie schließlich erst alt. Auf dem Weg zurück zum Auto begegnet uns ein alter Mann. Ich vermute ein Bauer. Er stützt sich auf einen starken Ast, der ihm als Spazierstock dient. Herzlich grüßt er uns und pfeift seinen Hund aus dem Wasser zu sich heran. Hilka beginnt sich sogleich mit ihm zu unterhalten. Der Bauer zeigt auf Manfreds Auto. Mit der Marke habe er nicht so gute Erfahrung gemacht. Nicht gut gefedert. Einen BMW habe er früher gefahren. 200 PS. Aber da hat man natürlich auch viel zu tun mit der Polizei. Klagt er, als wäre er gestern zuletzt gestoppt worden. Ich stelle ihn mir jetzt vor. So wie er ist. Den schweren Ast auf den Rücksitz geworfen. Mit 200 PS. Autobahn. Blaulicht. Die Polizei zwingt ihn auf die nächste Raststättenausfahrt. Nach einer Weile schlendert er gemächlich weiter. Jetzt scheint er sein Tempo gefunden zu haben. Das Alter ist ihm wohl rechtzeitig zur Hilfe geeilt und hat ihm Lust auf Spaziergänge gemacht. Irgendwann sind wir schließlich im Musikzimmer von Manfred Maurenbrecher angekommen. Ich packe meine Gitarre aus und beginne, sie zu stimmen. Wir spielen das Lied ein, zwei Mal durch. Manfred schlägt vor, die letzte Strophe zu streichen. Ein guter Vorschlag. Wir schalten das Aufnahmegerät ein. Ein knarriges Prélude von der Klavierbank, die sich offensichtlich freut, dabei sein zu dürfen, drei, vier angezählt und los. Nach zwei, drei Versuchen lassen wir es so, wie es ist.

 


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