Auch Marcus Pindur, Deutschlandfunk-Korrespondent in den USA, beherrscht Beisenomics fließend. Man könnte natürlich auch sagen: Nach Beisenomics jetzt Pindurnomics und eine Serie eröffnen, die mit diesen beiden Journalisten sicherlich noch lange nicht ihr Ende finden würde. Was für Beise Japan ist, ist für Pindur die USA. Und über den USA hängt, wenn es nach Pindur geht, das Damoklesschwert Griechenland.
In einem Gespräch gestern im Deutschlandfunk stellte ein Kollege aus Köln Pindur die Frage:
“Manch einer stellt sich vielleicht folgende Frage, warum mach die US-Notenbank nicht einfach immer so weiter mit ihrer lockeren Geldpolitik, in den letzten Monaten lief´s doch prima?”
Aufhänger war die jüngste Lageeinschätzung des US-Notenbankpräsidenten zur US-Konjunktur vor dem Repräsentantenhaus.
Pindurs Antwort:
“Tja, weil die USA dann irgendwann mal beim Zustand von Griechenland ankommen. Also das ewige Pumpen von Geld in die Wirtschaft kann nicht gut gehen. Irgendwann fächert diese expansive Geldpolitik Inflationsblasen an, weil Kredite so billig sind. Irgendwann steigt dann auch die Inflation. Und die betrifft genau die kleinen Leute besonders. Im Moment ist das noch kein Problem, 1,6 Prozent beträgt die Inflation hier. Aber, auch da ist ein leichter Aufwärtstrend erkennbar.”
Warum nicht einfach einmal antworten: Lieber Kollege, das kann ich mir auch nicht so recht erklären. Ich habe schließlich Geschichte, Politische Wissenschaften, Amerikanistik und Judaistik studiert und nicht Volkswirtschaft. Oder aber sich selbst einmal einen Zugang zum Thema verschaffen und nachdenken. Autodidakten waren schließlich sehr häufig die Innovativsten und Besten in ihrem Fach. Man denke, was die Ökonomie anbelangt, nur an Michal Kalecki. Es ist ja generell eine Unsitte und Produkt einer falschen Erziehung und Sozialisierung, dass Nichtwissen als Makel gilt, Nichtdenken aber offensichtlich nicht verwerflich ist. Aber nein, über Ökonomie darf in Deutschland einfach jeder reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist – mit dem er zumeist über Jahre solch überflüssiges und unsinniges Zeug, wie von Beise und Pindur geäußert, aufgepickt hat.
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Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.
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Wie sollten die USA nämlich “beim Zustand von Griechenland ankommen”, wenn beide Länder doch eine genau entgegengesetzte Politik praktizieren? Die Staatsausgaben in den USA halten sich zumindest stabil, die Griechenlands brechen ein; die Reallöhne in den USA halten sich zumindest stabil, die in Griechenland brechen ein; die nominalen Lohnstückkosten (Löhne-Produktivität) steigen, wenn auch zu schwach, die in Griechenland brechen ein. Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts hat sich in den USA auf einer Höhe stabilisiert, von der selbst das vermeintlich so wunderbare Deutschland nur träumen kann, in Griechenland ist es das sechste Jahr in Folge tief negativ. Die griechische Ökonomie steckt aufgrund der Ausgaben- und Lohnkürzungen bereits in der Deflation (fallende Preise); den USA ist es gelungen, dies durch eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik zu verhindern. Die die Preisentwicklung bestimmende, schwache Lohnstückkostenentwicklung verweist freilich auch in den USA auf die Achillesverse: die Lohnentwicklung. Ach, und was “die kleinen Leute” anbelangt: Die leiden vor allem unter der Massenarbeitslosigkeit und sinkenden, nicht mehr existenzsichernden Löhnen, die schließlich aufgrund ihrer Nachfragefunktion wiederum die Massenarbeitslosigkeit mit verursachen. Und was schließlich den Ausgangspunkt, die Geldpolitik, anbelangt: In den USA liegt der Leitzins unter der Wachstumsrate, in Griechenland wie in der Eurozone insgesamt liegt er darüber, wirkt also trotz “historischen Tiefs” in der Eurozone restriktiv auf Wachstum und Beschäftigung, von den von den Banken weitergegebenen Zinsen und denen für zehnjährige Staatsanleihen einmal ganz zu schweigen.
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