Journalistischer Nachwuchs/Die Linke/Bundestagswahl: Konstruierte Regierungsunfähigkeit und Ausschließeritis

Es ist interessant, wenn denn schon einmal über Die Linke in den Medien berichtet wird, die Art und Weise der Berichterstattung zu beobachten – und angemessen zu würdigen.

Erst vor wenigen Tagen berichteten wir über einen Bericht auf Spiegel online von Björn Hengst. Auch ihm machen die vergleichsweise guten bzw. konstanten Umfragewerte der Linken und mangelnde offene Streitigkeiten unter deren Protagonisten ganz offensichtlich zu schaffen, so zumindest unsere Vermutung. Mit einem untergeschobenen “weichgespülten Koalitionsangebot” muss sich da doch etwas machen lassen (siehe hier unseren Beitrag dazu und hier den Beitrag von Björn Hengst).

Und was passiert heute? Eine junge Journalistin der Süddeutschen Zeitung eifert Hengst nach und versucht den Gegenstand fortzuspinnen. Was ist bloß mit dem journalistischen Nachwuchs los? Nicht nur die Politik hat anscheinend ein Nachwuchsproblem, auch der Journalismus. Wird der eine oder die andere evtl. denken. Man kann aber umgekehrt, und wir wollen uns dies im Folgenden durchaus zu eigen machen, auch die Fähigkeit von Antonie Rietzschel bewundern, wie sie in nur wenigen Zeilen der Linken eine Regierungsunfähigkeit andichtet. Doch was heißt andichtet, spinnt sie doch einen politischen Dauerbrenner fort, den es seit Bestehen dieser Partei gibt.

Wir zitieren Rietzschel, eben weil wir sie für ihre Arbeit bewundern wollen, ausführlich und wollen uns dann an einer kurzen, sicherlich minder begabten Textanalyse mit unseren zugegeben geistig wie sprachlich bescheidenen Mitteln versuchen (kursive Hervorhebungen, T.H.):

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Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.

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“Der Linken-Wähler fragt erschrocken: ´Wollt ihr regieren oder nicht?´ Natürlich ist die Frage bei der Linken ohnehin nie ganz so einfach zu beantworten. Unter Bedingungen schließt die Partei eine Regierungsbeteiligung aber nicht komplett aus. Schon allein, weil sich ein Teil der Partei die Option der Tolerierung offenbar nicht komplett verbauen will, wurde der Plan in einer Telefonkonferenz mit dem geschäftsführenden Parteivorstand und den Landesvorsitzenden abgewendet. 

Es war ein notwendiger Schritt, um die Linke nicht völlig lächerlich zu machen. Doch wenn eine Partei ihren Vorsitzenden kurz vor der wichtigsten Wahl in so einer wichtigen Frage den Kopf waschen muss, lässt sich die Frage nach der Regierungsfähigkeit mit einem Nein beantworten – sowohl, was das Wollen, als auch was das Können betrifft.

Kipping und Riexinger stehen nun als inkonsequent und führungsschwach da. Das sind keine guten Voraussetzungen für ihre künftige Arbeit oder mögliche Koalitionsgespräche im Herbst. Denn wenn zwei Vorsitzende sich öffentlich auf etwas festlegen, gilt: Vorher sollte feststehen, wie der Plan in der Partei auf den Weg gebracht werden kann.”

1. Frage: Ist Rietzschel Linke-Wählerin und deswegen “erschrocken”? Oder hat sie eine Umfrage bei Linke-Wählern gemacht, dass sie weiß, dass Linke-Wähler erschrocken sind? Ist sie gar selbst eine Linke, und ist dies ein neuer Typus eines Whistleblowers bzw. gibt es solche etwa auch in der Linken?

2. Frage: Warum ist es “natürlich” (siehe oben unsere kursive Hervorhebung)?

3. Frage: Merken Sie etwas, liebe Leserinnen und Leser (zu: “nicht völlig lächerlich”)?

4. Ist das nicht köstlich (zu: “Doch wenn eine Partei ihren Vorsitzenden kurz vor der wichtigsten Wahl in so einer wichtigen Frage den Kopf waschen muss, lässt sich die Frage nach der Regierungsfähigkeit mit einem Nein beantworten – sowohl, was das Wollen, als auch was das Können betrifft.”)?

5. Kann eine Partei eigentlich auch wegen bestimmter Inhalte, aufgrund derer sich keine Koalitionen schmieden lassen, ohne die Bevölkerung hinters Licht zu führen oder zentrale politische Grundsätze über Bord zu werfen, regierungsunwillig sein, ohne dabei sogleich als regierungsunfähig gebrandmarkt zu werden?

Rietzschel schließt ihre sprachlich wie inhaltlich brilliante Arbeit mit dem Satz: “Die Parteivorsitzenden können jetzt nur hoffen, dass ihr Ausrutscher ganz tief unten im Sommerloch verschwindet.”

Woraus wir wiederum beruhigt schließen können, dass Rietzschel doch keine Linke-Wählerin oder gar ein Mitglied dieser Partei ist, denn sonst hätte sie ihren Genossinnen und Genossen ja dabei geholfen, ihre, wenn es nach Rietzschel geht, Schmach gar nicht erst in der Süddeutschen herbeizuschreiben, so dass Rietzschel das Sommerloch gar nicht erst als Retter in der Not hätte bemühen müssen. Wir können also in diesem Fall getrost von einer Meldung beim Verfassungsschutz absehen.

Abschließend wünsche ich jedoch auch Antonie Rietzschel, dass ihr Beitrag zugunsten ihres Rufs als angehende Journalistin ebenfalls das Sommerloch findet und darin verschwindet. Aber nein, vielleicht ist das auch schon wieder falsch: Ist das doch vielleicht gerade die Art Journalismus, die auf den Fluren und in den Chefetagen der Leitmedien auf einen vortrefflichen Resonanzboden trifft. Eines  noch: Jetzt würde ich aber wirklich endlich einmal wieder gern etwas über die Kanzlerin schreiben.


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