Spiegel online/Die Linke/Bundestagswahlkampf: Mach mir den Hengst

Björn Hengst ist Spiegel Redakteur, das heißt, seit Mai 2013 ist er Korrespondent in München, um genau zu sein. Und wenn Hengst schon nicht genau ist, seien wir es doch wenigstens. Hengst schreibt nun schon seit Jahren über Die Linke. Und der heute von ihm erschienene Artikel ist qualitativ nicht schlechter als seine anderen. Hengst ist Jahrgang 1972, und doch meint man von einem ewig Gestrigen zu lesen. Während ich die Stadt München liebe, werden andere vielleicht denken: Na, dann ist er in München doch ganz gut aufgehoben. Unter der Überschrift “Koalitionsangebot der Linken: Vom Rambo zum Softie”, macht er heute also der Linken wieder einmal den Hengst. Was verbirgt sich dahinter?

Meine Vermutung: Es macht Hengst fuchsteufelswild, dass sich Die Linke nun schon seit geraumer Zeit nicht selbst zerlegt. Friede, Freude, Eierkuchen, scheint´s. Weil dies laut Umfragen aber keine Friedhofsruhe ist und Die Linke, obwohl man vergleichsweise wenig von ihr hört, die Stimmen von 7 bis 8 Prozent der Wahlberechtigten erhalten soll, muss Hengst halt selbst zur Tat schreiten – und einen innerparteilichen Zwist versuchen herbeizuschreiben. Hilft ja nicht´s, wird Hengst sich gedacht, dann aber ebenso schnell wieder das Denken wieder sein gelassen haben. Lieber alle alten, prall gefüllten Schreibtischschubladen aufgezogen, ein bisschen drin herumgekramt und fertig ist der Sonntags-Artikel, der nun einmal geschrieben werden musste. Zeilensoll erfüllt. Und so liest sich das dann (stichwortartig):

————————————————————-

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.

————————————————————-

Bundestagswahlplakat der Linken. Heute Abend in der Berliner Friedrichstraße entdeckt.

BILD-Zeitung-Interview mit Gysi als Quelle (nur im Bezahlmodus, also nicht nachprüfbar, weil Wirtschaft und Gesellschaft zwar ein Abo wert ist, die BILD aber doch wohl kaum, oder?)

Gysi-Ost-Berliner-Stasi-Verdacht-unmöglich!

Spitzengenosse (Gysi) relativiert Markenkern der Dunkelroten

Zurückhaltung, Dehnung, Verzicht auf ultimative Forderung, Gysi gibt sich zahm

Gysis weichgespültes Koalitionsangebot an SPD und Grüne

Und dann flugs die andere Seite konstruiert:

Wagenknecht, Jelpke, und natürlich die große Andrea Nahles: “Die Linke ist zerstritten und nicht regierungsfähig. So einer Partei kann man unser Land nicht anvertrauen”, so Nahles. Das hätte Hengst nun wirklich nicht besser (hier = dümmer) ausdrücken können.

Wer nun nicht den Fehler gemacht hat, Björn Hengst und die BILD zu lesen, sondern das ausführliche Interview der Woche des Deutschlandfunks heute früh gehört bzw. nachgelesen hat, bekommt einen ganz anderen Eindruck. Ich fühlte mich zumindest gut informiert. Nur, weil ich das Interview mit dem Deutschlandfunk zuerst gelesen hatte, fühlte ich mich überhaupt eingeladen, diesem wild gewordenen Hengst ein wenig in die Zügel zu greifen. Ausschließen würde ich dennoch nicht, dass dieses tumbe Pferd der ein oder andere Linke tatsächlich auch noch reiten wird.

Quellen:

Björn Hengst, Koalitionsangebot der Linken: Vom Rambo zum Softie

Gregor Gysi, “Das ist mir alles zu lahm”, Interview der Woche mit dem Deutschlandfunk


Dieser Text ist mir etwas wert


Verwandte Artikel: