Dokumentation: Inge Hannemann anlässlich der 10. Herbstdemonstration gegen Hartz IV

Liebe Engagierte der zehnten Herbstdemonstration heute am 19. Oktober in Berlin. Leider hat mich eine ziemlich starke Erkältung mit Fieber niedergestreckt, so dass ich doch kurzfristig beschlossen habe, das Sofa zu hüten. Aus diesem Grund bat ich meinen solidarischen Freund Horst Schneider aus Hamburg ein paar Worte an Euch zu richten.

Auch wenn ich Euch jetzt nur mental sehe, freut es mich, dass Ihr zur zehnten Herbstdemonstration erschienen seid. Dafür erstmal ein Dankeschön. Es ist sehr wichtig, dass sich immer mehr Menschen, viel viel mehr Menschen auf der Straße versammeln, um sich gegen die unsägliche Agenda 2010 oder sprich aktuell Hartz IV aussprechen. Die Agenda 2010, ein Machtinstrument, welches in die gewollte Armut führte inklusive Altersarmut und weiter führt, den prekären Arbeitsmarkt immens steigerte und die Menschen in Ängste treibt. Existenzängste, Scham, Mutlosigkeit, Kinderarmut, Flaschensammler, Willkür und die Bedrohungen durch die Sanktionen prägen das heutige Bild der Arbeitsmarktreform aus dem Jahr 2003. Zehn Jahre, die den Neoliberalismus förderten, in denen Lobbyisten immer stärker geworden sind und weiter werden, und Hartz IV-Empfänger bis heute stigmatisiert werden.

Ist das noch normal, dass Hartz IV-Kinder in der Schulkantine ausgegrenzt werden und in einem extra Speisesaal essen müssen? Nein, das ist eine Kasteneinteilung, die so in unserem Staat nicht sein darf! Ist es noch normal, dass Hartz IV-Empfänger kaum bis gar nicht die Möglichkeit haben am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben? Nein, das stellt für mich eine bewusste und gewollte Ausgrenzung dieser Menschen dar! Die Würde des Menschen ist unantastbar! Und doch passiert genau dieses tagtäglich. Zehn Jahre Agenda 2010 – 10 Jahre zu viel.

Montagsdemonstranten waren aus vielen Bundesländern angereist.

Fakt ist, dass wir bei weitem nicht genügend Arbeitsplätze haben und uns das doch immer wieder vorgelogen wird. Fakt ist, dass wir auch genügend Fachkräfte haben. Die Jobcenter formen jedoch aus den Fachkräften ungelernte Kräfte. Einzig allein mit dem Ziel diese scheinbaren ungelernten Kräfte in den prekären Arbeitsmarkt zu verfrachten oder anders ausgedrückt zu versklaven. Deutschland produziert sowohl billige Arbeitskräfte als auch billige Produkte. Die Leidtragenden sind die Erwerbslosen aber auch unsere europäischen Nachbarländer. Unsere Exportgewinne sind deren Verluste.

Menschen sollen mit der Agenda 2010 gefügig gemacht werden. Seien es die Erwerbslosen unter Androhung von Sanktionen in den Jobcentern oder die Noch-Erwerbstätigen mit dem Ziel, dass jede Arbeit besser ist, als Hartz IV – auch wenn sie nicht zum Überleben reicht. Schließlich will man ja nicht im Jobcenter landen oder “Hartzer” sein. Eine Gesellschaftsspaltung par Exellence oder auch auch eine Spaltung zwischen Erwerbslosen und Noch-Erwerbstätigen. Aber auch eine Spaltung zwischen arm und reich, Erwerbstätige gegen Erwerbslose, Kinder gegen Rentner, Gesunde gegen Kranke. Deutschland nennt sich einen Sozialstaat. Ein Sozialstaat in dem mindestens zehn Millionen Menschen ausgegrenzt werden. Die CDU, die SPD, die Grünen, und die FDP feiern sich dafür. Nein, sie sollten sich nicht feiern, sondern sich in Grund und Boden schämen!

Mit der voraussichtlichen großen Koalition wird auch die Agenda 2020 kommen. Hier heißt es nun, sich dagegen zu stemmen und die Straßen zu befüllen! Leute, marschiert auf die Straße, zeigt Euren Unmut, werdet friedlich laut, beteiligt Euch an den Montagsdemos und zeigt Widerstand! Nur in der Masse können wir was erreichen. Erinnert Euch an 1989. Erinnert Euch an die Friedensbewegung und bringt zum Ausdruck, dass wir nicht überhört werden dürfen und auch nicht wollen. Nur so kann sich etwas bewegen. Werdet und bleibt aktiv. Auch ich bleibe in Bewegung und aktiv.

Mit diesen Worten grüße ich Euch herzlichst aus Hamburg und hoffe, dass ich am Abend lesen werde, dass Tausende bei der Demonstration anwesend waren. Ich danke Euch.

Solidarische Grüße,

Inge Hannemann

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