“Die Leiharbeit macht uns kaputt” – Von drei Bauarbeitern
12 Dezember

Heute früh schlenderte ich mit meiner vierbeinigen Kollegin Hilka an drei Bauarbeitern vorbei, die am Eingang des Objekts standen, an dem sie ihre Kunst ausübten. Ich erzählte ihnen vom Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung-Adventskalender, und dass ich als Journalist und Herausgeber darin unterschiedliche Menschen zu Wort kommen lassen möchte, mit ihren Gedanken und Wünschen. Der eine war offensichtlich so überrascht davon, dass ihn mal einer fragte, was er sich wünsche, dass ihm so spontan gar nichts einfiel. Der andere, lässig eine Kaffeetasse in der Hand haltend, wendete zunächst ein: “Was soll ich mir denn wünschen, es geht doch eh nicht in Erfüllung.” Wenig später stellte sich heraus, dass hier ein Bauunternehmer vor mir stand. Einer, der offensichtlich noch selbst mitarbeitete. Und während unsere Unterhaltung langsam Fahrt aufnahm, hatte er dann doch noch einen zentralen Gedanken, den er mir übermittelte: “Die Leiharbeit, die macht uns kaputt.”

Ob er das noch einmal in mein Mikrofon sagen könnte, fragte ich, nun wiederum selbst überrascht über seinen klaren Gedanken. Das wolle er nicht. Da merkt man doch gleich, was für ein freies Land wir sind, denke ich gerade dazu, während ich diese Zeilen schreibe. Wie furchtlos sich die Menschen doch in die Öffentlichkeit trauen mit ihrer Meinung. “Warum?”, fragte ich ihn. “Na ja, das ist doch klar. Die Großen drücken mit denen die Preise. Und wir gehen leer bei der Auftragsvergabe aus.”

Ich schaue noch einmal in den Koalitionsvertrag und finde: “Den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit werden wir verhindern.” Den “Missbrauch”, aha! Und schnell selbst diese die Werkverträge und Leiharbeit legitimierende Aussage noch weiter geöffnet: “Die Koalitionspartner sind sich darüber einig, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer künftig spätestens nach 9 Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden.” Neun Monate Lohndumping sind als weiterhin ok! Pech gehabt lieber kleiner Bauunternehmer.

“Und noch eines: Ich, als kleiner Bauunternehmer, darf mich natürlich nicht so verkalkulieren, wie die beim BER. Dann wäre ich sofort pleite.” “Was ist denn falsch gelaufen beim BER?”, fragte ich ihn. “Viel. Dass das aber so teuer geworden ist, liegt doch auch an politischen Machenschaften.” Er untermalt das, indem er, halb hinter seinem Rücken versteckt, die Hand aufhält.

Da stößt noch ein Bauarbeiter dazu. Ich frage auch ihn, was er sich wünsche. “Ich fliege nächste Woche nach Uruguay.” “Ah”, unterbrach ich ihn, “weil man dort jetzt frei kiffen darf?” “Nein”, lachte er. “Ich wünsche mir Frieden auf der Welt , und dass es allen gut geht”, sagte er dann noch. Ich bedankte mich bei allen und ging weiter meiner Wege.

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