Lieber Dr. Gauweiler, bitte, um Ciceros Willen!
Dezember 14

Unbedingt sollte unser Adventskalender ein breites politisches Spektrum beinhalten – es gibt ja schließlich auch nicht nur süße, sondern auch bittere Schokolade, gefüllte und hohle Weihnachtsmänner und was sonst noch alles. Also habe ich flugs noch am ersten Tag, als ich mit meinen Anschreiben für Beiträge zum Adventskalender begann, auch Dr. Peter Gauweiler, Mitglied des Deutschen Bundestages, angeschrieben. Seine Ehrungen sind vielfältig: “Bayerischer Verdienstorden, Bundesverdienstkreuz am Bande, Medaille ´München leuchtet´ in Gold, Träger des Titels ´Ehrenfreund´ der Stadt Tel Aviv, Ehrenbürger Stadt Marktredwitz, Ehrenoffizier der Gebirgsschützenkompanie Traunstein, Ehrenmitglied des Trachtenvereins München Isargau, Ehrenmitglied des Trachtenvereins Großhadern, Luther-Rose der Internationalen Martin Luther Stiftung.” (Quelle: Peter Gauweiler) Und neuerdings ist er sogar Stellvertretender Parteivorsitzender der CSU. Obendrein ist er vom Handelsblatt zu Deutschlands besten Anwälten 2013 gekürt worden. Wie soll da noch Zeit für einen klugen Gedanken oder Wunsch für den Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung-Adventskalender sein? Nun, ich dachte, noch haben die Bundestagsabgeordneten ja Pause, denn die Regierung wird aller Voraussicht nach ja erst nächste Woche gekürt. Doch weit gefehlt. Auf meine Anfrage erhielt ich aus Dr. Gauweilers Bundestagsbüro zunächst diese Antwort:

“Sehr geehrter Herr Hild,

Herr Dr. Gauweiler dankt für Ihre nachstehende E-Mail von gestern. Leider ist es Herrn Dr. Gauweiler aus terminlichen Gründen nicht möglich, Ihnen in dieser Woche ein Statement zu geben.

Mit freundlichen Grüßen

…”

Ein Statement!

Prima, dachte ich. Da hat der Herr Dr. Gauweiler ja unausgesprochen noch ein Adventskalendertürchen offen gelassen, denn bis Weihnachten ist es ja noch etwas hin. So schrieb ich prompt zurück:

“Lieber Herr …,

vielen Dank, wenn Dr. Gauweiler es für Ende nächster oder übernächster Woche zusagen könnte, könnte ich es auch entsprechend einplanen, was meinen Sie?

Freundliche Grüße,

Florian Mahler”

Die Antwort, die mich dann aus dem Büro Dr. Gauweiler erreichte, finde ich so köstlich, dass ich Sie Ihnen nicht vorenthalten möchte:

“Sehr geehrter Herr Hild,

leider ist es Herrn Dr. Gauweiler aufgrund seiner terminlichen Verpflichtungen
gar nicht möglich, einen Beitrag zum Adventskalender zu leisten.
Ich hoffe, dass Sie dafür Verständnis finden und wünsche Ihnen eine schöne Advents-
zeit.

Mit freundlichen Grüßen

…”

Was mögen das nur für terminliche Verpflichtungen sein? Ist er gar zu einer Friedensmission nach Nordkorea aufgebrochen? Das hätte mir sein Büro doch mitteilen können, sogar als Weihnachtsbotschaft. Ernüchtert muss ich stattdessen feststellen, dass er seitdem durchaus die Zeit für das Samstagsblatt, den Wochenanzeiger, das Handelsblatt, Die Welt, den Münchner Merkur und die Süddeutsche Zeitung hatte.

Zur Vergrößerung auf Bild klicken. Quelle: www.peter-gauweiler.de

Dem Samstagsblatt beantwortete er sogar die Frage, ob zu ihm als Kind der Nikolaus gekommen sei!

Wir müssen daraus schließen, dass der umtriebige Dr. Gauweiler einfach nicht wollte. Da stellt sich natürlich sogleich die Frage, warum? Vielleicht sind es ja Sätze wie dieser gegenüber der Welt geäußerte, für die er die Zeit für ein ganzes Interview aufbrachte:

“Deutschland ist in den vergangenen Jahren ja oft mit gutem Beispiel in der Wirtschafts- und Sozialpolitik vorangegangen. Das wird doch überall in Europa anerkannt.”

Verhält es sich etwa gar so, wie wir aus diesen Sätzen geneigt sind zu schließen, dass Herr Dr. Gauweiler nicht nur für das Samstagsblatt schreibt, sondern auch nur dieses – und Die Welt natürlich, was ungefähr aufs Gleiche herauslaufen dürfte – liest? Denn wie sonst könnte er auf den Gedanken verfallen, dass das, was er oben ausdrückt, “doch überall in Europa anerkannt” wird? Ja, so kann es einem ergehen, wenn man nur im eigenen Saft schmort – und dieser Saft auch noch äußerst dünn, um nicht zu sagen ganz übel gepanscht ist! Daher mein Rat an Dr. Peter Gauweiler: Jetzt Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung abonnieren – am besten gleich für die ganze Fraktion und Partei! Sagen wir, im Sinne Ciceros Pro Archia, zur geistigen Ertüchtigung! Frohe Weihnachten! Sie können es sich, da bin ich mir sicher, leisten.

————————————————————-

Sie können helfen, unseren Leserkreis zu erweitern!

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.

————————————————————-


Dieser Text ist mir etwas wert


Verwandte Artikel: