Schäuble/Deutschlandfunk: Katastrophale Interview-Führung im Deutschlandfunk

Christine Heuer hatte heute früh den alten und neuen Bundesfinanzminister zum Interview im Deutschlandfunk geladen. Die Moderatorin war im buchstäblichen Sinne so beschränkt, sich auf Personalgequatsche zu beschränken. Ein unglaublicher Niveaueinbruch, insbesonderer hinsichtlich der Ausführungen des Bundesfinanzministers zu Europa.

“Interessiert die Leute aber!”, meinte Heuer penetrant und, ich muss sagen, angesichts der schreienden Probleme in Europa und auch in Deutschland und einer gerade neu gebildeten Regierung reichlich dämlich. Was Heuer so interessant findet, dass sie dafür gleich “die Leute”, also uns, vereinnahmt?

Heuer: Und wenn der Wahlkampf in vier Jahren beginnt, dann vielleicht mit Ursula von der Leyen an der Spitze der CDU. Wird hier die nächste Anwärterin auf eine CDU-Kanzlerschaft aufgebaut, Herr Schäuble?”

Völlig zurecht entgegnet Schäuble auf dieses blödsinnige Ansinnen, das Heuer auch noch durch andere Interviews an diesem Morgen trägt:

Schäuble: Wir wollen eigentlich morgen erst mal die Bundeskanzlerin für die kommenden vier Jahre wählen.”

Auf die zuvor getroffenen, zentralen, die nahe und wohl auch fernere politische Zukunft Europas und auch Deutschlands beeinflussenden Aussagen Schäubles aber findet die Moderatorin des wichtigsten deutschen Nachrichtensenders keine einzige Frage, keinen einzigen Einwand (kursive Hervorhebung, T.H.):

Schäuble: Das Wichtigste ist im Augenblick, das aktuellste ist natürlich, dass wir den erfolgreichen Kurs, unseren Euro stabil zu machen, weiter fortsetzen. Wir haben ja in diesen zurückliegenden vier Jahren große Erfolge erzielt. Wenn Sie sich daran erinnern, wie groß die Sorgen waren und wer alles gesagt hat, dass das alles schief geht und dass das alles nicht klappt. Wir sind nicht am Ende, aber wir sind gut vorangekommen. Irland ist aus dem Hilfsprogramm ausgeschieden, Spanien auch. Wir sind auf dem richtigen Weg, wir schaffen jetzt eine Bankenunion. Das ist eine große Aufgabe, aber sie ist richtig und notwendig. Sie sichert unsere wirtschaftliche Situation ab. Wir sind in einer guten Lage von Wirtschaft und Beschäftigung, und das verdanken wir auch der europäischen Einigung, die natürlich viel mehr ist als nur Wirtschaft. Sie ist auch ein großes politisches Projekt. Und darüber hinaus haben wir uns ja vorgenommen, keine neuen Schulden zu machen und diesen erfolgreichen Weg der Konsolidierung unserer öffentlichen Finanzen, der Rückführung der Gesamtverschuldung deutlich fortzusetzen. Auch das ist eine große Aufgabe, die auch im Sinne der Zukunftssicherung notwendig ist. Wenn die Bevölkerungszahl zurückgeht, wenn die Zahl der älteren Menschen zunimmt und die Zahl der jüngeren abnimmt, dann muss man die öffentlichen Haushalte in Ordnung bringen und darf nicht immer neue Schulden machen.

Kann es sein, dass das alles einfach so von einem Moderator stehen gelassen wird, ohne zum Beispiel auf die historisch hohe Massenarbeitslosigkeit und schlimme soziale Not hinzuweisen, die in den Ländern besonders dramatisch ist, die von der Politik besonders betroffen sind, von der Schäuble meint, “wir sind gut vorangekommen”? Kann es sein, dass ein Moderator nicht einmal nachfragt, wie man bei einem Wachstum mit einer Null vor dem Komma und, fern der Vollbeschäftigung, wieder steigender Arbeitslosigkeit von “einer guten Lage von Wirtschaft und Beschäftigung” sprechen kann? Kann es sein, dass ein Moderator den vermeintlichen, von Schäuble zuletzt genannten Zusammenhang zur Konsolidierung des Staatshaushalts nicht einmal hinterfragt?

Es kann sein. Die einzige Voraussetzung dafür ist, dass sich der Journalist, der so handelt, nicht meint, mit diesen Sachverhalten auseinandersetzen zu müssen und sich stattdessen entblödet, die kostbare Interviewzeit, die wir mit drakonischen Rundfunkgebühren, die unabhängig von unserer Einkommenssituation erhoben werden, finanzieren, mit idiotischen Personalfragen zu füllen. Bitter, wirklich bitter! “Entblödet Euch!“, hat Kathrin Hartmann erst vor wenigen Tagen ihren Beitrag für Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung überschrieben. Sie hat ja so Recht!

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