Was ist die Energiewende ökonomisch, also volkswirtschaftlich, also gesamtwirtschaftlich betrachtet anderes als die Durchsetzung einer neuen industriellen Revolution? Ohne neue Energien wäre die industrielle Revolution, die unsere Zivilisation dahin geführt hat, wo wir heute stehen, undenkbar. So gut erforscht die erste industrielle Revolution und ihre Nachfolger sind, wäre es vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Energiewende möglicherweise dennoch interessant, einmal zu prüfen, welchen Interessen sie zum jeweiligen Zeitpunkt, im jeweiligen Zeitraum ihrer Entstehung und Durchsetzung gedient haben. Ich wage an dieser Stelle die These: Es waren und sind, so unterschiedlich die Regime und Epochen auch waren und sind, in denen die Industrialisierung erfolgte und weiterhin erfolgt, immer partikulare Interessen der Herrschenden. Mal waren, mal ist es der Staat, der die Richtung vorgibt, mal das private Unternehmertum, mal das Zusammenspiel beider. Zivilisation, die diesen Namen verdient, und höherer Lebensstandard waren dabei immer das Ergebnis dieser Entwicklung. Der Weg dorthin aber wurde noch immer im Interesse der Herrschenden und zu Lasten breiter Bevölkerungsschichten ausgetragen. Dafür bietet die Industriealisierungsgeschichte rund um den Globus bis heute ebenso vielfältige wie grausige Belege. So weit entfernt wir uns in Deutschland sowohl zeitlich als auch vom Lebensstandard von dieser ursprünglichen Epoche entfernt haben, so sehr scheint doch eine Triebkraft erhalten geblieben zu sein: die Durchsetzung von mit wirtschaftlicher oder/und politischer Macht augestatteter Partikularinteressen. Deren wichtigster Hebel und Garant scheint mir – sicherlich nicht nur in Deutschland – seit geraumer Zeit die Hörigkeit der im Deutschen Bundestag und natürlich auch in der Europäischen Kommission und im Europäischen Parlament vertretenen Politiker gegenüber solcher Partikularinteressen zu sein. Und, vielleicht nicht weniger gefährlich und wie ein Katalysator jene Hörigkeit befördernd, ist das Unvermögen, solch bahnbrechende Entwicklungen wie die Energiewende eine ist, ökonomisch richtig einordnen zu können. Von der technologischen Einordnung gar nicht zu reden.
Der Politiker, der den Verlauf dieser neuen industriellen Revolution namens Energiewende voraussichtlich für die nächsten Jahre bestimmen wird, ist der SPD-Vorsitzende, Vize-Kanzler und Minister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel. Ob es ihm gelingt, die Energiewende nicht allein in ihrer ganzen technologischen Komplexität zu erfassen, sondern auch ökonomisch zu begreifen, ist daher von zentraler Bedeutung. Seine jüngsten Äußerungen zur Energiewende wie auch ein Rückblick auf vorangegangene Stellungnahmen von ihm laden vor diesem Hintergrund zum Widerspruch ein. Und weil dieser Widerspruch das grundsätzliche Verständnis von Wirtschaft berührt, bleibt nur zu hoffen, dass der Wirtschafts- und Energieminister ein offenes Ohr für, ja Lust am Widerspruch und am Nachdenken darüber hat…Energiewende: Gabriel begreift Energiewende nicht gesamtwirtschaftlich – damit wird er der industriellen Revolution nicht gerecht (vollständiger Beitrag nur im Abonnement)
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