Er ist, wie wir nach gründlicher Recherche herausgefunden haben, ein Experte für DJ-Kultur oder neudeutsch: DJ Culture. Ulf Poschardt. Nachdem seine Platte mit dem Hit über “geradezu rauschaft konsumierende” Deutsche einen kräftigen Sprung bekommen hat, hat Poschardt sich nicht lumpen lassen und nach einem kurzen rotzig, trotzig hingerapten “” neu aufgelegt. Und es damit sogleich in die Charts der Presseschau des Deutschlandfunks heute früh geschafft! Glückwunsch an beide! Sein neuer Star: Kulturstaatssekretär-seit-heute-a.D.-und Steuerbetrüger-André-Schmitz. Ein wackerer Verteidiger der säkularen Steuervermeidung gegen die “Fiskalreligion”. Kein Wunder, dass Sozialdemokrat-ohne-eigenes-Mandat-das-er-an-einen-unbekannten-CDU-Politiker-verlor-aber-regierender-Bürgermeister-Wowereit ihn, seinen Kulturstaatssekretär, gleicher als gleich machen und nicht gehen lassen wollte. Zusammen sind sie unschlagbar, gleichsam die glorreichen Drei.
Die erste Strophe in Poschardts neuem Hit (kursive Hervorhebung, T.H.): “André Schmitz war das bürgerlichste Gesicht der Berliner SPD. Anzüge und Umgangsformen waren Antithese zum Stallgeruch, der Sozialdemokraten nicht nur im roten Wedding, Moabit oder Neukölln erfolgreich machte. Über seine Vermögensverhältnisse raunte man nicht nur im Roten Rathaus.”
Wedding und Moabit gehören zum Bezirk Berlin Mitte. Wie “erfolgreich” also war die SPD dort bei der letzten Landtagswahl? Die SPD hat 3,8 Prozentpunkte verloren. Das ist deutlich mehr als die SPD in Berlin insgesamt verloren hat: -2,5 Prozentpunkte. Noch prekärer ist das Ergebnis in Neukölln: Dort hat die SPD 4 Prozentpunkte verloren.
Während die SPD bei der letzten Landtagswahl 28,3 Prozent erzielte (vorher: 30,8%), erzielte sie in Berlin Mitte 28,7 Prozent (vorher: 32,5%) und in Neukölln 27,4 Prozent (vorher: 31,4%).
Aber die “Antithese” hat denke ich auch nicht geholfen. Genausowenig wie es Klischees tun. Warum soll ein Sozialdemokrat keine schicken Anzüge tragen bzw. deswegen gleich den “Stallgeruch” gefährden? Hauptsache er hinterzieht keine Steuern. So what!
Wir müssen – und wir bedauern das im Interesse der Leserinnen und Leser der Welt außerordentlich und bekunden hiermit unser tiefes Mitgefühl, sowohl gegenüber den Leserinnen und Lesern der Welt, als auch gegenüber Ulf Poschardt – erneut feststellen: Auch diese Platte hatte keine lange Lebensdauer. Aber wir nehmen es sportlich – er hoffentlich auch: Wir hoffen auf den nächsten Hit von Ulf Poschardt. Die DJ Kultur muss angesichts ihres bedauernswerten Zustands unbedingt weiter gefördert werden. Wir tun dies, wie in diesem und im vorangegangenen Beitrag, mit größtmöglicher Gewissenhaftigkeit.
Daher wollen wir Ihnen, lieber Leserkreis von Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung, der sich ja vielleicht alsbald um den Leserkreis von Ulf Poschardt und der Welt – am besten gleich der großen, weiten – erweitern wird, auch nicht die zweite Strophe des großartigen, wenn auch äußerst kurzatmigen Hits von Ulf Poschardt vorenthalten, die da lautet und läutet:
“Der Berliner Regierende (Anmerkung der Redaktion: nur zur Sicherheit, er meint Klaus Wowereit!), der in Wahlkampfzeiten auch gerne und ziemlich imposant den Klassenkämpfer gibt, ist tief in seiner westberliner Seele ein neobourgeoiser Hedonist, der Loyalität über moralische Rigidität stellt. Deshalb passt er gut zur Hauptstadt, die feierwütig und cool zu einem internationalen Label für neudeutsche Lässigkeit geworden ist.”
Das finde ich, sehen Sie es mir nach, nun wirklich brillant von Ulf Poschardt: Das Decken von Steuerbetrügern durch einen regierenden Bürgermeister der Hauptstadt als “neudeutsche Lässigkeit”. Dafür unterbreche ich sogar kurz meinen Text und tanze durch mein kleines Café, in dem ich immer arbeite und schreibe, weil der Tee dort nur 1,95 Euro kostet. Meine journalistische Arbeit wird schließlich nicht so gut bezahlt, wie die von Ulf Poschardt. Jetzt aber bitte bloß keine Neid-Debatte. Das wäre nun wirklich unsexy. Und Ulf Poschardt hätte für so etwas erst recht kein Verständnis. Hey! Jetzt komme ich erst so richtig in Schwung. Groovy! Geile Mucke, das! Son of gun!
Hier die letzte Strophe von Ulf-der-DJ-mit-dem-gewaltigen-Sprung-in-der-Platte-aber-immer-für-einen-neuen-Hit-gute-Poschardt:
“Mit der Entlassung des bestenfalls etwas biederen und tantigen Kulturimpresarios hat die SPD ein unnötiges Opfer auf den Altar ihrer Fiskalreligion gelegt.
Besser für das Land wäre es gewesen, wenn die SPD und ihre verbalradikale Jugendorganisation ihren Kulturkampf gegen Steueroptimierungen aufgäben, um einzusehen, dass die sozialste Politik Steuervereinfachung und -senkung ist. Ganz im Geiste Gerhard Schröders. Dann würden noch mehr reich und sexy.”
That´s cool. That´s groovy. Was uns dieser groovy-culture-DJ damit durch die sexy taxy Blume vermitteln möchte? Zwei Variationen hierzu: 1. Sie zahlen Steuern? Man/Frau sind Sie blöd. Sie sind Opfer einer “Fiskalreligion”. Treten Sie aus dieser Kirche (Sekte?) aus! Variation 2: Die eigentlichen Steuerhinterzieher saßen und sitzen im Deutschen-Unsexy-aber-viele-arm-machenden-und-viele-unsäglich-und-unverdient-reich-machenden-Bundestag: Diejenigen, die die Steuern für Vermögende und Spitzenverdiener und fette, geld-geile, Niedriglohn-rappende Unternehmen gesenkt haben, von der sexy-Selbstanzeige partout nicht lassen, dafür aber gern den unsexy-Sozialstaat abspecken wollen. Cool! Say Poschardt – say wot! Say Poschardt – say wot!…langsam ausklingen lassen…Oder nein, lassen wir es laufen bis zur nächsten geilen, sexy taxy Scheibe von Dj Ulfi. Love him!
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