Intendant des Deutschlandfunks: “In der Tat weniger Gespräche mit Vertretern der Linkspartei geführt”

Am 9. April hat der Intendant des Deutschlandfunks, Willi Steul, auf meinen offenen Brief vom 4. April geantwortet. Meine Frage lautete: “Können Sie mir erklären, warum der Deutschlandfunk im ersten Quartal des laufenden Jahres 43 Interviews mit Politikern der Grünen geführt hat, aber nur 11 Interviews mit Politikern der Linken?”

Herr Steul hat hierzu in seinem Haus recherchieren lassen. “Danach wurden mit Vertretern der Linkspartei in der Tat weniger Gespräche geführt als mit Politikern der Grünen bzw. der SPD oder der Union”, so Steul.

Steul erläutert das in seinem Schreiben an mich wie folgt:

“Ich weiß, wie gewissenhaft die Mitarbeiter der Kölner aktuellen Information arbeiten und ich kann Ihnen versichern, das bei der Auswahl eines Interviewpartners rein inhaltliche Kriterien angelegt werden, z.B.: Zu welchem tagesaktuellen Thema kann wer zur weitergehenden Information etwas sagen? Welche Partei setzt welche tagesaktuelle Thematik ?

Und manchmal entscheidet sich alles an der Frage: Wer sagt am Ende zu und steht zu einem Gespräch zur Verfügung? Auch wenn wir im Deutschlandfunk aufgrund unserer langjährig nachgewiesenen Qualität der Information das Privileg haben, dass Politiker gerne Interviews mit uns führen, kommt es doch auch vor, dass wir eine Absage erhalten.

Übergeordnetes Prinzip ist es, zu relevanten tagesaktuellen Themen die Bandbreite der Meinungen abzubilden, ohne dass dieses Prinzip jedoch auf jede einzelne ´Tagesausgabe´ angewendet werden kann. Dies wird immer wieder auch in den internen Besprechungen des Bereichs mit der Chefredakteurin und dem Programmdirektor thematisiert.

Nichtsdestotrotz werde ich Ihre Anfrage zum Anlass nehmen, Ihr Anliegen noch einmal zu thematisieren.”

Wenn die Ergebnisse unserer monatlichen Recherchen dies zum Ergebnis haben, finde ich dies anerkennenswert und erfreulich. Ich habe in einem kurzen Antwortschreiben an Herrn Steul dennoch die Gelegenheit genutzt, auf einige seiner Überlegungen einzugehen und hierzu Anregungen ergänzt. Der Wortlaut meines Schreibens hier:

“Sehr geehrter Dr. Steul,

vielen Dank für Ihre Antwort und die darin enthaltenen Erläuterungen.

Und ich freue mich, dass Sie das Anliegen trotz Ihrer nachvollziehbaren Überlegungen noch einmal thematisieren wollen. Dazu noch eine Anregung: Ob ein Politiker zu einem tagesaktuellen Thema etwas zu sagen hat, lässt sich ja erst gewissenhaft durch ein Interview herausfinden. Sollte sich ein Politiker – alle Fraktionen im Bundestag oder im Europaparlament haben ja gleichermaßen gewählte Fachpolitiker – darin dann den gewählten Fragen Ihrer Moderatoren nicht gewachsen fühlen, ist das ja auch eine Botschaft an die Zuhörerinnen und Zuhörer, aufgrund derer diese sich ein Urteil bilden können. In diesem Zusammenhang ist mir übrigens schon häufiger aufgefallen, dass in einigen Fällen zu ein und demselben Thema oder Themenkreis immer wieder dieselben Abgeordneten des Bundestags oder des Europaparlaments zu Wort kommen, so zum Beispiel, besonders auffallend, Michael Fuchs oder Marieluise Beck. Beide vertreten – nur beispielhaft – gewissermaßen Extrempositionen auf ihren Gebieten. Dagegen ist in meinen Augen nichts einzuwenden. Es fehlt ja häufig gerade an Reibungspunkten. Nur sollten dann auch entsprechende Pendants zu Wort kommen.

Bei all der ausgesprochenen Kritik nutze ich diese Gelegenheit jedoch auch gern, um das Niveau des Deutschlandfunks zu loben. Nur fehlt es zuweilen eben, wie erläutert, an politischer Ausgewogenheit. Das würde ich genauso öffentlich bemängeln, würde der Deutschlandfunk nun dazu übergehen, überwiegend Politiker oder andere Ansprechpartner aus dem linken Spektrum zu Wort kommen zu lassen. Diese Gefahr der Einseitigkeit scheint mir aber in den deutschen Medien generell nicht gegeben.

Mit Ihrer Erlaubnis würde ich Ihre Antwort unten gern ergänzend zu meinem offenen Brief veröffentlichen, auch um meine eigene Kritik zu relativieren. Hierzu würde ich mich über eine kurze Rückmeldung freuen.

Herzliche Grüße,

Florian Mahler”

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