Statistik des Tages/Ukraine/Russland/Deutschland: Wirtschaftskraft und Wohlstand

Beide Indikatoren, das Bruttoinlandsprodukt und das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, sind nur grobe Indikatoren für die Wirtschaftskraft und den Wohlstand eines Landes. Geht aus ihnen doch nicht hervor, aus welchen Quellen die Wirtschaftsleistung entsteht und wie gleich oder ungleich das Einkommen pro Kopf verteilt ist. Dennoch verweisen die drei unten abgebildeten Graphiken, in denen Deutschland gleich 100 gesetzt ist, auf eine große Kluft, die zwischen Deutschland und Russland und Deutschland und der Ukraine, aber auch zwischen Russland und der Ukraine besteht. Die Graphiken zeigen darüber hinaus, dass sich diese Kluft seit dem Umbruch zu Beginn der 1990er Jahre zum Nachteil der Ukraine weiter vergrößert hat und auch Russland nur leicht aufschließen konnte.

Die jetzige politische Instabilität gefährdet einen ökonomischen Aufholprozess und wird jene Kluft vermutlich erneut vertiefen. Der ausgeprägte ökonomische Rückstand der Ukraine gegenüber Deutschland birgt zudem die Gefahr, dass eine pauschale und ungeordnete Öffnung der Märkte im Rahmen einer Annäherung an die EU die Wirtschaftsleistung der Ukraine weiter schwächen könnte, da wohl kaum ein Produktionszweig eine vergleichbare Produktivität ausweist. Dass dies nicht nur für die Industrie gelten dürfte, sondern auch für die Landwirtschaft, zeigt die Wertschöpfung je Arbeiter in der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft hat dabei in der Ukraine noch ein deutlich höheren Anteil am Bruttinlandsprodukt (2012: 9,3%) als in Deutschland (2012: 0,8%) und auch als in Russland (2912: 3,9%).

Die Produktivität in der Landwirtschaft ist wiederum mit ausschlaggebend für den Wohlstand der Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft; das gilt gerade für Länder mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen, da dort der Anteil des Lohns, der für Nahrungsmittel verausgabt wird, höher ist, die Nahrungsmittelpreise also stärker die Höhe des Reallohns bestimmen als beispielsweise in Deutschland, wo höhere Preissteigerungen für Lebensmittel jedoch beispielsweise für Menschen mit niedrigen Einkommen durchaus ebenfalls entsprechende Folgen zeitigen (siehe dazu zuletzt hier). Überträgt sich dieser Einfluss auf die nominale Lohn- und Preisentwicklung, bestimmt dieser Zusammenhang schließlich auch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft. Eine Kompensation der niedrigen Produktivität im eigenen Land durch höhere Nahrungsmittelimporte aus Ländern mit höherer Produktivität kann diesen Zusammenhang zwar grundsätzlich auflösen, setzt aber eine entsprechende Importkaufkraft voraus, die bei einer insgesamt schwachen Wettbewerbsfähigkeit jedoch kaum gegeben ist.

So lassen sich aus diesen zwar groben Indikatoren dennoch bereits die großen ökonomischen Herausforderungen herauslesen, die diese Länder für eine weitere Integration in die Weltwirtschaft und auch für eine europäische Integration zu bewältigen haben. Eine Befriedung des Konflikts in und um die Ukraine wäre die Grundvoraussetzung, um jene Herausforderungen überhaupt annehmen zu können (siehe hierzu: Gespenstische Rolle der Deutschen in Ukraine-Konflikt – und die Alternative zur Militarisierung des Konflikts: Ein Friedensplan [vollständiger Beitrag nur im Abonnement]).

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