Vor zwei Tagen meldete der Deutschlandfunk: “Schäuble lobt Portugals Reformen“. Es zeige sich erneut, so der Bundesfinanzminister, dass der gemeinsam eingeschlagene Weg der Richtige sei. Portugal habe die vergangenen drei Jahre gut genutzt und umfangreiche Reformen umgesetzt. Jetzt werde es darauf ankommen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Wer so urteilt, kann das Hauptproblem der Auswirkungen der gerade von der deutschen Bundesregierung befürworteten und mit Nachdruck eingeforderten “Strukturanpassungen” (staatliche Ausgabenkürzungen, Massenentlassungen, Abbau von Arbeitnehmerrechten) in den davon besonders betroffenen Ländern nicht im Blick haben: die Massenarbeitslosigkeit und die sie begründende Konjunktur.
Unsere Statistik des Tages zeigt, dass das Wirtschaftswachstum in dem von Schäuble gewählten Zeitraum, die vergangenen drei Jahre, wie schon in den zwei Jahren zuvor nicht angemessen war, um die Zahl der Arbeitslsoen zu senken (siehe zur Berechnungsmethode und der Situation in der Europäischen Währungsunion insgesamt zuletzt ausführlich hier [vollständiger Beitrag nur im Abonnement]); im Gegenteil, aufgrund eines nicht angemessenen Wirtschaftswachstums, ist die Zahl der Arbeitslosen in Portugal massiv gestiegen. Die “Strukturanpassungen” haben die ohnehin am Boden liegende Konjunktur weiter belastet und die Arbeitslosigkeit in die Höhe und damit Millionen Menschen in die Verzweiflung getrieben. Während sich die Konjunktur nach dem Einbruch 2009 in 2010 wieder zu erholen begann, begann die Wirtschaftsleistung unter der Ägide des “Rettungsschirms” ab 2011 wieder zu schrumpfen. Während die Zahl der Erwerbstätigen 2010 noch in gleicher Höhe sank, wie die Zahl der Arbeitslosen stieg, schlug diese Entwicklung 2011, 2012, 2013 um: Die Zahl der Erwerbstätigen sank deutlich stärker, als die Zahl der Arbeitslosen stieg. Auch ein Zeichen dafür, dass die “Strukturanpassungen” den portugiesischen ArbeitnehmerInnen auf absehbare Zeit die Perspektive auf eine Besserung der Verhältnisse am Arbeitsmarkt genommen haben und sie ihr Glück nunmehr im Ausland suchen, vielleicht ja in der Niedriglohn-Republik Deutschland?
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