Unser Fußball-Weltmeisterschaft Spezial – Teil 9: Was die Halbzeit offenbart

Seit über 20 Jahre steigert es meine Lebensqualität, keinen Fernseher zu besitzen, ja nicht einmal einen zu haben. Jetzt aber, während der WM, jedesmal, wenn ich ums Eck husche, um König Fußball zu begegnen, da fällt mir eines besonders auf: Die durchgestylten ModeratorInnen der “tagesthemen” und des “heute journal”, die in der Halbzeit den Bildschirm gleich Außerirdischen einnehmen. Ja, geht´s noch! Finanzieren wir das eigentlich auch mit unseren Rundfunk- und Fernehgebühren: die Edel-Garderoben der Teleprompter-Generation?

Wie normal im positivsten Sinne, wie lebensecht wirken da die Sportmoderatoren, die die Spiele der Weltmeisterschaft in der Halbzeit auswerten. Als säßen sie direkt neben mir, beim gemeinsamen Fußball-Gucken, neudeutsch: Public Viewing. Und die berichten über die wichtigste Nebensache der Welt. Nicht über Kriege, Mord und Totschlag, Naturkatastrophen, Wirtschaftskrisen, Politik.

Selbst in der Oper sind die Menschen heute normaler angezogen, als die ModeratorInnen der tagesthemen und des heute journal. Was bloß wird damit bezweckt? Was soll das? Warum regt sich keiner darüber auf, über dieses Kunstprodukt namens tagesthemen, namens heute journal? Soll die Welt hier draußen, über die da drinnen berichtet wird, uns etwa unwirklich erscheinen, uns entemotionalisieren, teilnahmslos machen?

Ich finde den Kontrast zwischen jenem hochgezüchteten Aussehen und der realen Welt, an die die ZuschauerInnen doch schließlich herangeführt werden sollten, erschreckend. Alles wirkt weit weg dadurch. Selbst der Krieg nur ein Hochglanzereignis, übermalt mit Hochglanzbildern. Alles perfekt durchfrisiert, geschminkt, so, wie die PolitikerInnen und ExpertInnen, die im Zweifelsfall noch interviewt werden. Aber können bei dieser Art der Berichterstattung überhaupt Zweifel aufkommen? Geht das nicht alles viel zu schnell, die Abhandlung der Themen, das Tempo der eingespielten Bilder, die Kürze der Interviews? Definitiv. Es ist eine Reizüberflutung, die abstumpft und nicht sensibilisiert, die Distanz schafft und nicht Nähe zu den Ereignissen aus Nah und Fern.

Wir brauchen dringend eine andere Kultur der Nachrichtenvermittlung im Fernsehen!

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