Ukraine/MH 17/Ukraine/Spiegel-Kolumnist: Münchau ist die Elite, von der Gefahr ausgeht – er merkt es bloß nicht

Der deutsche Journalismus ist bei der Berichterstattung über die Ukraine-Krise schon lange vor der MH 17 abgestürzt. Er hat sich allerdings selbst abgeschossen. Nichts deutet darauf hin, dass sich dies auf absehbare Zeit ändern wird. Im Gegenteil. Es wird immer schlimmer, wie Wolfgang Münchau mit seiner jüngsten Kolumne zum Thema belegt. Der ehemalige Mitbegründer der deutschen Financial Times und heutige Spiegel-Kolumnist liegt dabei nicht das erste Mal auf ganz primitive Art daneben (siehe Münchau zum Mindestlohn hier).

Auch Münchau scheint nicht im Ansatz dazu befähigt, das Ausmaß der Ukraine-Krise zu erfassen. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass er, nicht anders als Boulevard-Blätter wie “BILD”, des Pudels Kern der Krise ausschließlich bei Russland, respektive Putin sieht und es als einzig adäquat begreift, die Sanktionsschraube weiter anzuziehen? Wie kann es sein, dass er Putin und Russland – vielleicht zurecht, das müssen Untersuchungen noch erweisen – “indirekt für den Tod von 298 Menschen an Bord der abgeschossenen Maschine von Malaysian Airlines verantwortlich” macht, die Verantwortung Europas und der ukrainischen Regierung für die Militarisierung und  Eskalation des Konflikts aber völlig ausblendet? Wie kann es sein, dass er in diesem Zusammenhang auch nicht die naheliegenste Frage stellt, wie es denn überhaupt angehen kann, dass über das Kriegsgebiet, über dem schon diverse Flugzeuge in großer Höhe abgeschossen wurden, zivile Flugzeuge fliegen durften? Sind – abgesehen davon, dass die konkreten Ursachen der Flugzeugkatastrophe noch gar nicht aufgeklärt sind – diejenigen, die für jene Umstände Verantwortung tragen, etwa nicht verantwortlich für den tragischen, entsetzlichen Tod dieser 298 unschuldigen Menschen? Sind etwa nicht all diejenigen Politiker und Journalisten und Militärs mit für deren Tod und den Tod vieler vieler weiterer unschuldiger Zivilisten in der Region verantwortlich, die eskaliert statt deeskaliert haben, so wie Münchau es auch mit seiner hier besprochenen Kolumne wieder unternimmt?

Münchau hält die “Ost-Orientierung der deutschen Wirtschaftselite” für “fatal”. Es war aber jene Ost-Orientierung der deutschen Wirtschaft, die, begonnen unter Wolff von Amerongen und Hand in Hand mit der politischen Annäherung unter Willy Brandt, eine Völkerverständigung, den Frieden und nicht zuletzt die Wiedervereinigung Deutschlands überhaupt erst ermöglichte. Schon von daher kann die Ost-Orientierung kaum als elitäres Projekt begriffen werden, auch nicht vor dem Hintergrund, dass keineswegs nur große Konzerne wie Siemens enge Wirtschaftsbeziehungen mit Russland pflegen, sondern auch viele mittelständische Unternehmen.

Es war immer die Suche nach gegenseitiger Verständigung, die dazu verholfen hat, den Frieden zu sichern. Münchau aber dämonisiert Putin und will Russland total isolieren. Das wäre Willy Brandt niemals eingefallen. Auch Wolff von Amerongen nicht. Auch Helmut Kohl nicht. Münchau stellt sich mit seinen Aussagen, ohne es zu merken, selbst in den Kreis jener meinungsbildenden Elite, die heute in Deutschland in Politik und Medien den Ton angibt. Es ist eine geistlose, oberflächliche, ahistorische, ja, durchgedrehte Elite.

Wie in anderen Medien findet sich auch bei Münchau die Sprache des Krieges: Isolation statt Kommunikation, einseitige Schuldzuweisungen statt Selbstreflexion, Bestrafung statt Verständigung, Anfeindung statt Annäherung.

Und natürlich schreckt auch ein Münchau nicht davor zurück, Menschen, die sich um eine umfassendere Analyse und Meinung bemühen, als “Putin-Freunde” mundtot zu machen. Ein schöner Demokrat das! Ich habe Münchau gemessen an seiner Spiegel-Kolumne schon immer für maßlos überschätzt gehalten. Der Text seiner aktuellen Kolumne bestätigt mich darin.

Hintergrund (Auswahl):

Ukraine/Flugzeugkatastrophe: Politik und Medien – Reflex statt Reflexion (vollständiger Beitrag nur im Abonnement)

Gespenstische Rolle der Deutschen im Ukraine-Konflikt und die Alternative zur Militarisierung des Konflikts: Ein Friedensplan (vollständiger Beitrag nur im Abonnement)

Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland und Russlands Stellung im Welthandel – was ist kennzeichnend, was ist perspektivisch möglich – Eine realistische Vision für Integration, Frieden und Wohlstand in Europa (vollständiger Beitrag nur im Abonnement)

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