“Wann kommt er denn endlich,” murmelte die Petroleumlampe und schaute ungeduldig durch ihr Glas in das dunkle Zimmer. Dabei kniff sie die Schutzdrähte, die sich wie ein Korb um ihr Gesicht legten, zusammen, um besser sehen zu können. Ihr fröstelte. Das Fenster, vor dem sie stand, war sperrangelweit geöffnet. Und obwohl es erst Mitte August war, kam es jetzt, am späten Abend, kühl herein. “Dass ich auf meine alten Tage doch noch einmal frieren muss”, seufzte sie. Darüber vergaß die alte Petroleumlampe für einen Augenblick den glücklichen Umstand, überhaupt wieder draußen zu sein.
Jahrelang war sie eingesperrt gewesen. Gefangen in einem alten Pappkarton. Irgendwo in einem finsteren Keller. Sie hatte das damals alles gar nicht so schnell mitbekommen. Plötzlich wurde es dunkel. Am helllichten Tag. Dann hörte sie, dass sie durch ein Treppenhaus getragen wurde. Wenig später wurde sie hin- und hergestoßen und kam schließlich irgendwo auf einem kalten, feuchten Boden, es wird wohl Beton gewesen sein, zum Stehen. Über neun Jahre hatte sie dort eingesessen. Jeden Tag hatte sie gezählt und mit einem feinen Strich in die Innenseite ihrer Brennerschüssel geritzt. Dabei musste sie feststellen, dass ihre Trinkvorräte jedesmal weiter zur Neige gingen. Am Ende war nur noch so viel Petroleum da, dass es nicht einmal den Boden bedeckte. Nur noch wenige kleine Pfützen, die sie an einem Docht abzählen konnte, waren ihr geblieben. Sie würde jämmerlich verdursten müssen, ahnte sie und begann sich schließlich nach so vielen Jahren mit dem Tod anzufreunden. “Was macht es auch für einen Sinn, unter diesen Umständen weiter zu leben?” Mit diesem Gedanken hatte sie sich zuweilen schon in ihr Schicksal ergeben. Aber so ganz hatte sie die Hoffnung, irgendwie doch noch einmal in Freiheit zu gelangen, doch nie aufgegeben.
Und dann passierte es…lesen Sie in Kürze den zweiten Teil dieser Skizze…(im Abonnement)
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