Deutsche Rentenversicherung warnt vor gesetzlichen Rentenkürzungen – und rät zur “zusätzlichen Absicherung”

Das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung, verfasst unter dem Betreff “Ihre Renteninformation”, erreicht Millionen ArbeitnehmerInnen. Man muss sich einmal ausrechnen, was es kosten würde, wenn private Versicherungskonzerne und Finanzdienstleister die darin für sie enthaltene Werbung als Hauspost versenden müssten. Und dann hätten sie ja immer noch nicht den offiziellen Segen der Deutschen Rentenversicherung. So aber gibt´s beides frei Haus: die Werbung und den Segen.

Oder was soll es sonst sein, wenn nicht Werbung für private Altersvorsorge, wenn die Deutsche Rentenversicherung unter dem Betreff “Ihre Renteninformation” schreibt:

“Da die Renten im Vergleich zu den Löhnen künftig geringer steigen werden und sich somit die spätere Lücke zwischen Rente und Erwerbseinkommen vergrößert, wird eine zusätzliche Absicherung für das Alter wichtiger (´Versorgungslücke´). Bei der ergänzenden Altersvorsorge sollten Sie -wie bei Ihrer zu erwartenden Rente – den Kaufkraftverlust beachten.”

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Nicht nur, dass die Deutsche Rentenversicherung auf die unter rot-grün und schwarz-rot durchgesetzten Rentenkürzungen aufmerksam macht und durchaus zurecht vor einer nicht länger existenzsichernden Alterssicherung warnt. Sie wirbt auch ganz explizit für “zusätzliche Absicherung” bzw. “ergänzende Altersvorsorge”. Das aber werden wohl die meisten der Millionen ArbeitnehmerInnen, die dieses Schreiben erhalten, so begreifen wie ich: als Werbung für ergänzende private Altersvorsorge.

Während die Deutsche Rentenversicherung auf die Armutsrisiken aufmerksam macht, die sich durch die gesetzlichen Rentenkürzungen ergeben, problematisiert sie mögliche Risiken bei der von ihr empfohlenen “ergänzenden Altersvorsorge” nicht. Die private “ergänzende Altersvorsorge” aber unterliegt den gleichen demographischen Risiken wie die gesetzliche Rentenversicherung, und, schlimmer noch, den Risiken des Kapitalmarkts, wo die hierfür eingesammelten Gelder angelegt werden. Nichts macht dies deutlicher als diese Aussage von einem der größten und einflussreichsten Lobbyisten der privaten Altersvorsorge Meinhard Miegel, der schon 1998 meinte (zitiert nach Kapitaldeckungsverfahren) , dass “…im Falle eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs (des Kapitaldeckungsverfahrens) das umlagefinanzierte Alterssicherungssystem – wie ausgeführt – jederzeit reaktiviert werden kann.” Dass nichts von dem so angelegten “Kapital” “gedeckt” ist, haben wir an anderer Stelle bereits ausgeführt: Kapitalgedeckt sind immer nur Investitionen in reales Kapital (Maschinen, Ausrüstungsgüter, neue Produkte), die, indem sie die Arbeitsproduktivität erhöhen, die Rente heranwachsender Generationen finanzieren helfen. Riester-Rente und andere Anlageformen behindern aber gerade diese wichtigen Investitionen in die Zukunft, weil sie den Unternehmen in der Gegenwart Nachfrage entziehen.

Verschiedene Studien kamen zudem nach über zehn Jahren Riester-Rente zum Ergebnis: “Riester-Renten seien teuer, renditeschwach und riskant.”

Geradezu zynisch muss jene “Renteninformation” schließlich auf die vielen Millionen Versicherten wirken, die so schlecht verdienen, dass für sie die Warnung der Deutschen Rentenversicherung vor Altersarmut in jedem Fall zutreffed ist, sie sich aber genau deswegen keine “ergänzende Altersvorsorge” leisten können.

Die Deutsche Rentenversicherung informiert in ihrer “Renteninformation” über all das nicht. Gut für die private Versicherungswirtschaft, aber schlecht für die Versicherten.

Hintergrund zur Rentenpolitik:

Auch ein Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt: Deutschland kann und muss sich ein höheres Rentenniveau leisten.

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